Ungeschönter Arbeitsalltag
Wie war der Arbeitsalltag in einem Volkseigenen Betrieb (VEB - DDR-Staatsbetrieb)? Einen ganz besonderen visuellen Eindruck davon erhält man dank Georg Krause (61). Er hat das Arbeitsleben in einem solchen Betrieb vor 35 Jahren mit der Kamera dokumentiert.
Die Berliner Metallhütten und Halbzeugwerke (BMHW) befanden sich mit mehreren Betriebsteilen einst auf beiden Seiten der Spree in Schöneweide. Am Betriebsteil Wilhelminenhofstraße stand Georg Krause 1982 mit seiner Kamera vor dem Werktor. „Ich hatte nach dem Abitur mehrere Monate als Raupenfahrer im Tagebau Hagenwerder gearbeitet. Für meine Diplomarbeit an der Hochschule für Grafik und Buchkunst wollte ich Jahre später das Arbeitsleben im Tagebau dokumentieren. Da das nicht klappte, kam ich auf die Idee mit dem Metallbetrieb in Schöneweide. Ein Bekannter war dort FDJ-Sekretär (Freie Deutsche Jugend, staatliche Jugendorganisation in der DDR) und hat mir Kontakte zur Werkleitung vermittelt“, erinnert sich Krause.
Für die nächsten neun Monate hatte der Fotografiestudent dann seinen eigenen Umkleidespind mit Arbeitsklamotten. Mit der Kamera war er in allen Schichten dabei, beim Fertigen von Gleitlagern, bei der Gütekontrolle und bei den langweiligen Versammlungen der FDJ-Jugendbrigade. Fotografiert hat er mit einer Praktica-Kleinbildkamera und hochempfindlichem Orwo-Schwarzweißfilm. „Ich habe rund 10 000 Aufnahmen gemacht und dafür 261 Filme verbraucht“, berichtet Georg Krause nach einem Blick in die alten Unterlagen. Zwei Jahre später, inzwischen mit Fotografiediplom, kehrte er noch einmal mit der Kamera zurück. Für die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler brauchte Krause ein Fotoprojekt.
Den Kontakt in die Arbeitswelt möchte er bis heute nicht missen. Mehrfach wurden seine Aufnahmen von 1982 schon veröffentlicht. Zuerst zwei Jahre später in der DDR-Zeitschrift „Fotografie“, danach noch in mehreren Ausstellungen. „Da kamen immer wieder einige der Arbeiter, die ich damals fotografiert habe. Einer der Kollegen, Klaus W., kam bis zu seinem Tod vor einigen Jahren zu fast jeder Ausstellungseröffnung“, berichtet Georg Krause.
Noch heute erinnert sich der Fotograf an die schlechten Arbeitsbedingungen. In den Hallen war es staubig, durch die Arbeitsplätze waberten Dämpfe und für die Kamera war es oft zu dunkel. „Ich hatte mir einen Reflektor für ein altes DDR-Blitzgerät gebaut, mit dem ich etwas Licht ins Dunkel bringen konnte“, sagt er.
Seine Bilder sind unter dem Titel „ArbeitsAlltage“ noch bis zum 3. März in der neuen „Galerie Schöne Weide“, Wilhelminenhofstraße 48a, zu sehen. Geöffnet ist Donnerstag bis Sonnabend von 12 bis 18 Uhr.
Bei einer Finissage am 3. März um 19 Uhr besteht die Möglichkeit, mit dem Fotografen Georg Krause und Galeristen Michael Fritsch ins Gespräch zu kommen.
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Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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