Der Job im Kulturpark-Ufo
Achim Purwin legte zum „Tanz unterm Riesenrad“ auf
Vor Kurzem hat Achim Purwin (74) in der Berliner Woche einen Beitrag vom Ufo am Ufer der Spree gelesen. Da kamen in dem Grafiker Jugenderinnerungen hoch. Er hat nämlich vor fast einem halben Jahrhundert zeitweise in dem futuristischen Bau gearbeitet.
„Ich war 1969 nach Berlin gekommen, brauchte unbedingt einen Job und die offizielle Zuzugsgenehmigung. Da lernte ich in der Künstlergaststätte Café Ulla am Bahnhof Baumschulenweg Günter Kolb kennen. Der war Chef im Bezirksausschuss der Nationalen Front, suchte dringend einen Mitarbeiter und hat mich eingestellt“, erinnert sich Achim Purwin. Bei der Nationalen Front war Purwin eine Art Mädchen für alles und organisierte Veranstaltungen. Im gleichen Jahr war auch der Kulturpark Plänterwald eröffnet worden. Um mehr Besucher anzulocken, wurden dort ein Jahr später zahlreiche Veranstaltungen aus der Taufe gehoben. Mit dem Saisonstart 1970 sollte der „Tanz unterm Riesenrad“ etabliert werden. „Da hat man mich gefragt, ob ich das an den Wochenenden moderieren könnte. Vor Ort stand die Lautsprecheranlage des Kulturparks zur Verfügung, dazu Plattenspieler und Tonbandgerät. Da hab ich dann die aktuellen Titel abgespielt, fein getrennt nach 40 Prozent West- und 60 Prozent Ostmusik, wie in der DDR vorgeschrieben“, erinnert sich Achim Purwin.
Der angehende Grafiker hatte allerdings keine Moderatorenausbildung. „Ich habe zwischen den Titeln einfach nett geplaudert. Und das Publikum mit Sprüchen wie ,Zerhaut nicht die Möbel, jetzt singt Frank Schöbel' auf die Interpreten eingestimmt“, erzählt er beim Vor-Ort-Termin am Funkhaus Nalepastraße.
Denn dort haben wir uns mit ihm verabredet, dort steht jetzt sein früherer Arbeitsplatz. „Es war damals zwar bekannt, dass das Futuro wie auch einige Fahrgeschäfte des Kulturparks, im Westen gekauft worden war. Aber die interessante Geschichte rund um das Bauwerk habe ich erst jetzt aus der Berliner Woche erfahren“, freut sich Achim Purwin.
Beim Espresso im Funkhausgebäude erzählt er dann noch, dass er die tanzenden Berliner überhaupt nicht sehen konnte. Das Futuro mit seinem Sprecherarbeitsplatz war nämlich hinter Büschen aufgestellt und mehrere Hundert Meter vom Riesenrad entfernt. Nach seinen Angaben gab es für den Wochenendjob das Honorar zum Feierabend gleich auf die Hand. „Außerdem hatte ich einen Kulturparkausweis und damit jederzeit freien Eintritt“, freut sich Achim Purwin noch ein halbes Jahrhundert später. Und dann zeigt er uns noch einen Ausschnitt der Berliner Zeitung vom Sommer 1970. Die hatte damals einige seiner ersten Karikaturen abgedruckt, die er quasi neben seiner Moderatorentätigkeit im Kulturpark gezeichnet hatte.
Die Reihe „Tanz unterm Riesenrad“ wurde übrigens später mit Erfolg fortgeführt. Dann saßen allerdings professionelle Rundfunkleute am Mikrofon.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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