Die Studenten mögen es vegetarisch
Mensaleiter Karsten Nachtwey und sein Team kochen in der Mensa an der HTW täglich frisch
Mit einem Dutzend Löffel geht Karsten Nachtwey von einem dampfenden Kessel zum nächsten, pustet kurz und probiert. Ein Geschmackstest, ein kurzes Nicken, dann kann es losgehen. Ohne dass der Chef die Freigabe erteilt, kommt in der Mensa Wilhelminenhof an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) kein Essen auf den Teller.
Der 42-Jährige war früher in der gehobenen Gastronomie tätig. Eigentlich wollte er nie im Öffentlichen Dienst arbeiten, wie er erzählt. Inzwischen schätzt er jedoch die Vorteile, zum Beispiel die geregelten Arbeitszeiten, auch wenn das „starre Konstrukt“ manchmal ein bisschen frustrierend sei. Durch einen Zufall landete der Koch, der in Brandenburg wohnt, 2010 beim Studierendenwerk Berlin. Dort ist er seitdem angestellt. Das Studierendenwerk betreibt mehr als 30 Mensen und Coffeebars in der Stadt. Allein die Mensa Wilhelminenhof mit 637 Sitzplätzen wird täglich von 2000 bis 2500 Gästen besucht. 1200 Essen werden dort am Tag verkauft. Dazu kommen 1500 Backwaren und 2000 warme Getränke. Im Sommer können die Gäste auch draußen in Strandkörben sitzen und die Aussicht aufs Wasser genießen, denn die Mensa liegt direkt am Spreeufer.
Karsten Nachtwey leitet sie seit 2019. Sein Arbeitstag beginnt um 6 Uhr. Gegen 7 Uhr folgt eine kurze Absprache mit den Köchen über die Gerichte des Tages. Das Team wird bald noch einmal erweitert. Ab dem kommenden Jahr sind es dann 28 Personen, darunter vier Köche, eine Verwaltungskraft, Kassierer, Spülkräfte, Küchenhilfen und ein Wirtschafter. Karsten Nachtwey verantwortet die komplette Betriebsorganisation. „Das Führen der Mitarbeiter, das ganze Betriebliche macht mir sehr viel Spaß“, berichtet er. Bis etwa 7.30 Uhr ist der Chef damit beschäftigt, unter anderem Brötchen und Croissants zu backen. Eine Viertelstunde später wird geöffnet. Dann kommen bereits die ersten Studenten, holen sich einen Kaffee und klappen ihre Laptops auf. Auch wenn es sich nicht um eine öffentliche Kantine handelt, können auch die Mitarbeiter der vor Ort ansässigen Unternehmen dort essen. Sie bezahlen aber nicht den rabattierten Preis. Der gilt ausschließlich für Studenten. Bis 9 Uhr kümmert sich der Leiter darum, die Ausdrucke mit dem Speiseplan fertigzumachen und die Monitore entsprechend zu bespielen. Um 11 Uhr startet die Essensausgabe. „Wir haben zwei große Pausenzeiten, kurz nach 11 Uhr und gegen 13 Uhr, in denen wir die Leute alle durchschleusen müssen“, erzählt er. Wenn die Mensa gegen 14.30 Uhr schließt und Karsten Nachtwey Feierabend macht, können Gäste in der Kaffeebar gleich nebenan noch bis 16.30 Uhr Backwaren bekommen.
Im Sechs-Wochen-Rhythmus wechseln sich die Hauptgerichte ab. Zudem wird das Angebot saisonal angepasst. Am beliebtesten ist laut Karsten Nachtwey „Chili con Soja“, nicht etwa „Chili con Carne“. Seit die Mensa ihren Speiseplan im vergangenen Jahr komplett umgestellt hat, gibt es nur noch sehr wenig Fleisch. Lediglich zweimal pro Woche wird überhaupt ein Fleischgericht angeboten. Der Großteil der Gerichte ist vegetarisch, was vor allem an der Klientel liegt. Die Currywurst, lange Zeit das beliebteste Kantinenessen in Deutschland, sei bei der jungen Generation von heute nicht mehr angesagt. Schon 2019 habe bei einer Umfrage unter Berliner Studenten jeder Dritte geantwortet, sich vegetarisch zu ernähren. Weitere 14 Prozent gaben sogar an, Veganer zu sein, erzählt Jana Judisch, Pressesprecherin des Studierendenwerks.
In der Mensa Wilhelminenhof wird allerdings nicht nur Wert auf pflanzliche Gerichte gelegt, sondern auch auf möglichst regionale Produkte, Abfallvermeidung und Klimafreundlichkeit. So gibt es auf dem Speiseplan stets auch ein „Klimaessen“, was bedeutet, dass dieses Gericht bei der Lieferung der notwendigen Lebensmittel nur einen geringen CO₂-Ausstoß verursacht hat. Wer den Speiseplan studiert, kann sich auf dem Monitor den CO₂-Fußabdruck der Gerichte gleich mit ansehen. Bleiben am Ende des Tages Reste übrig, landen diese in einer Biogasanlage und werden verstromt.
Vor Herausforderungen hat der Ukraine-Krieg die Mensa gestellt. Nach Kriegsausbruch sei es eine zeitlang nicht möglich gewesen, Nudeln zu bekommen, blickt Karsten Nachtwey zurück. Auch mit der Bestellung von Mehl sei es ganz schwierig gewesen. Immer wieder mal komme es seitdem vor, dass Ware nicht ankommt. In solchen Fällen müsse er dann spontan den Speiseplan ein wenig ändern. „Der Job ist schon sehr stressig“, gibt er zu. Das sei jedoch grundsätzlich so in der Gastronomie.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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