Wohnungen in kommunaler Hand
Bezirk übt zum zweiten Mal Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet aus
Das Gebäude Firlstraße 31 ist kein besonderes Haus. Die Fassade zumindest frisch gestrichen, keine Balkone auf der Straßenseite. Die 21 Mietwohnungen gehören nun dem kommunalen Wohnungsunternehmen Degewo.
Vor einiger Zeit sollte das Gebäude an ein privates Immobilienunternehmen verkauft werden. Da die Befürchtung bestand, dass eine mögliche Luxussanierung die Mieten in die Höhe treiben könnte, hat das Bezirksamt Treptow-Köpenick sein Vorkaufsrecht genutzt. Diese Möglichkeit gibt es im Milieuschutzgebiet, zu dem Teile von Oberschöneweide seit Jahren gehören. Hier hatte es immer wieder Fälle gegeben, dass neue Eigentümer durch den Anbau von Balkonen, den Einbau von Gästebädern oder Aufzügen den Wert der Immobilie steigern und deutlich höhere Mieten durchsetzen wollten. Da das an der Firlstraße 31 interessierte Unternehmen die in der Milieuschutzsatzung vorgesehene sogenannte Abwendungsvereinbarung gegenüber dem Bezirk nicht unterzeichnet hatte, konnte ein kommunales Wohnungsunternehmen in den Kaufvertrag eintreten. Mit der Vereinbarung hätte ein Erwerber auf die Miete steigernde Modernisierungen verzichten müssen.
„Das ist eine gute Nachricht für die Mieter"
Rainer Hölmer (SPD), Stadtrat für Stadtentwicklung, Bauen und öffentliche Ordnung, zeigt sich erleichtert: „Das ist eine gute Nachricht für die Mieter. Mit der Degewo als neuer Vermieter sind sie vor Verdrängung geschützt. Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften haben sich zu sozialverträglichen Mieten verpflichtet, so sind Mieterhöhungen ausgeschlossen, sofern die neue Miete mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens betragen würde“, teilt Stadtrat Hölmer mit.
Die Soziale Erhaltungsverordnung, wie die Milieuschutzsatzung offiziell heißt, ist als Teil des Baugesetzbuches ein städtebauliches Instrument, um angestammte Bewohner vor Verdrängung durch zahlungskräftigere Mieter zu schützen.
Im Bezirk Treptow-Köpenick gibt es bisher drei Milieuschutzgebiete. Das Areal um die Karl-Kunger-Straße wurde bereits 2016 eingestuft, Teile von Ober- und Niederschöneweide kamen im März 2017 auf die Liste. Im Sommer 2018 hatte der Bezirk bereits die Milieuschutzsatzung genutzt und das Vorkaufsrecht für das Haus Karl-Kunger-Straße 15 ausgeübt. Das Gebäude, bei dem ebenfalls Luxussanierung und die Umwandlung in Eigentumswohnungen drohte, ging an das kommunale Wohnungsunternehmen Stadt und Land. In Niederschöneweide fallen 2800 Wohnungen unter Milieuschutz, in Oberschöneweide weitere 5800.
In ganz Berlin gibt es derzeit 56 Milieuschutzgebiete. Spitzenreiter sind Pankow (13), Mitte (11) und Friedrichshain-Kreuzberg (9).
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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