„Bau-Verhinderungs-Geschichten“ - Teil 2: Der Ernst-Thälmann-Park
Bebauung Ernst-Thälmann-Park
In dieser „Bau-Verhinderungs-Geschichte" geht es heute um die nicht eindeutig geklärte Frage, was wichtiger ist: Die Sicherung einer Fläche für einen weiteren Schulneubau oder die Möglichkeit 600 Wohnungen, davon auch Sozialwohnungen auf einer der letzten Freiflächen in Pankow zu errichten.
Bis heute gibt es nach einer acht Jahre andauernden Hängepartie zwischen Bezirk, der Bezirksverordnetenversammlung Pankow, einer Bürgerinitiative und dem Investor immer noch keine verbindliche Lösung, jedoch seit Februar eine Annäherung.
Aber beginnen wir die Geschichte von vorn.
2011 erwirbt der Immobilien-Entwickler das ehemalige Güterbahnhofgelände am S-Bahnhof Greifswalder Straße. Sein Plan ist eine Wohnbebauung mit circa 600 Wohnungen auf dem 28.000 qm großen Areal. Es wurden viele verschiedene Architekturstudien in kleinerem und mittlerem Umfang erstellt, veröffentlicht und geprüft. Dabei mussten einige Gedanken verworfen werden, welche eine höhere Wohnungsanzahl ermöglicht, aber eine Verschattung und eine beengte Atmosphäre zur Folge gehabt hätte. Man hatte gehofft bereits im eigenen Planungsverfahren mit der Beachtung verschiedener Interessen der Anwohner gerecht zu werden. Doch der Sturm gegen das Projekt baute sich dennoch auf.
Denn 2012 stellt sich die Anwohner-Initiative Ernst-Thälmann-Park mit einem offenen Briefen an die BVV Pankow erstmalig gegen die Bebauungspläne. Rund 20 Anwohner, die sich schon seit langer Zeit um ihren Kiez kümmern und diesen pflegen, forderten Mitspracherecht bei der weiteren Entwicklung dieses Areals. Jedoch wird schnell klar, dass das soziale Engagement als Rechtfertigung für ein Ziel dienen soll: Alles soll bleiben wie ist es und es sollen keine Nachbarn dazu kommen, welche schon mal vorsorglich alle als „Luxus- und Penthouse-Bewohner“ abgestempelt werden.
2014 reicht die Bürgerinitiative gemeinsam mit Vertretern der Piraten- und der Linkspartei den Antrag „Planverfahren für den Thälmann-Park unter Denkmalschutzbedingungen und den Rückkauf der ehemaligen Bahnflächen“ in die BVV Pankow ein. Der Antrag wird in der Bezirksverordneten-versammlung im November desselben Jahres abgelehnt. Dieser Ausdruck des Bürgerwillens ist aber natürlich kein Grund den Feldzug gegen die Wohnbebauung einzustellen - also geht es weiter.
So ist 2016 auch weiterhin die Wohnbebauung am Thälmann-Park Thema der Bezirksverordnetenversammlung in Pankow. Die SPD Fraktion zeigt sich solidarisch mit den Anwohnern gegen eine Bebauung, und erklärt, dass es nie zu einer Machbarkeitsstudie bezüglich einer Wohnbebauung gekommen sei, da „bereits offensichtliche Gründe wie Lärmschutz, unbestimmte Altlasten und die Verlegung von Fernwärmeleitungen eine Wohnbebauung ausschließen würden und nur unter Aufwendung massiver finanzieller Mittel umgesetzt werden könne“. Von welchen Experten und Sachverständigen diese „offensichtliche“ Einschätzung erstellt worden ist, wurde nie veröffentlicht. Dieses Vorgehen der Fraktion verhinderte sodann die Weiterentwicklung der Bebauungspläne, auf die sich Bezirksstadtrat Kirchner (Grüne) und der Investor bereits verständigt hatten.
2019 erfolgt die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Gebiet entlang der S-Bahn über das ehemalige Güterbahnhofsgelände hinaus. Im März teilt Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) aus heiterem Himmel mit, dass das Bezirksamt einen Bebauungsplan für das Gebiet vom Planetarium an der Greifswalder Straße bis zur Lilli-Henoch-Straße aufstellen wird. Der B-Plans beinhaltet die Sicherung von Grünflächen sowie die Erweiterung der Schule am Planetarium und den Neubau einer Gemeinschaftsschule.
Grünflächen und Schulplätze sind durchaus wichtig, sind aber immer an dem Bedarf der Umgebung gekoppelt. So würde ja auch niemand im oder am Tiergarten weitere Grünflächen fordern, wo auch? Und gerade in der Umgebung des Ernst-Thälmann-Parks sind noch weitere Grünflächen wie der Anton-Saefkow-Park, Einsteinpark, Park an der Diesterwegstraße und der Fröbelplatz ausreichend vorhanden, welche für das Wohlbefinden der Anwohner und das Mikroklima essentiell sind. So ist auch das Argument für die Schulkapazitäten ein wichtiges, wo Gegenrede schon gleich als Verrat an der Gesellschaft und der Zukunft unserer Stadt gewertet wird. In einem 600-Meter-Radius sind dann auch gleich 6 öffentliche Schulen verschiedener Stufen vorhanden. In der Grundschul-Stufe stehen mit der Homer-, Tesla-, Paul-Linke- und Grundschule am Planetarium mehrere Möglichkeiten zum Kapazitätsaufbau an diesen Standorten zur Verfügung. Eine Prüfung dazu gibt es bis heute nicht, ebenso wenig wie eine gemeinsame Planung eines kombinierten Schul- und Wohnungsbaus. So will der Bezirk also weiterhin an einem teuren Kauf des Grundstücks, der noch teureren Entwicklung eines komplett neuen Schulbaus und dem langfristigen Kostenpunkt eines eigenständigen Schulbetriebes festhalten. Der Bezirk und seine Verwaltung treten hierbei auch nicht mehr als Mediator, welcher Interessen der derzeitigen und zukünftigen Bewohner ausgleichen soll, sondern als Akteur mit einer ganz eigenen, wenig verständlichen Agenda, auf.
So ist es denn auch kein Wunder, dass ein stark dezimiertes Rumpf-Parlament 2020 die sofortige Veränderungssperre und damit den planerischen Stillstand beschließt. Etliche BVV-Verordnete, die für mehr Wohnungen im Bezirk waren, darunter einige aus der Grünen-Fraktion, kamen aufgrund gesundheitlicher Bedenken nicht. Parallel darf der Bezirk natürlich weiterhin an seinen Schul-Plänen weiterarbeiten. Was jetzt folgen wird, sind gerichtliche Prozesse und teure Schadensersatzforderungen an den Bezirk.
Apropos teuer: Die Anwohner-Initiative regt sich auch über Mietsteigerungen von landeseigenen Wohnungsgesellschaften auf. Der Grund dafür: Zu wenig Neubau!
Zum Autor: Fair baut ist eine Kampagne verschiedener Privatpersonen, Freiberufler und mittelständischer Bau-/Wohnungsunternehmen, welche unabhängig von politischen Parteien den gesamtgesellschaftlichen Diskurs informativ und transparent gestalten wollen.
Bild von Gunnar Klack
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