Neugebaut und erweitert: Die Pfarrkirche passte sich der wachsenden Gemeinde an
Die Pfarrkirche zu den vier Evangelisten prägt seit dem Mittelalter den Pankower Anger. Das Bauwerk an der Breiten Straße zählt zu den ältesten Baudenkmälern des Bezirks. Erstmals urkundlich erwähnt wurde eine Kirche an diesem Ort im Jahre 1230.
Was der Laie diesem Gebäude heute allerdings kaum ansieht, ist, dass es aus drei Bauteilen unterschiedlicher Epochen besteht. Die erste Kirche auf dem Dorfanger wich im 15. Jahrhundert einem rechteckigen neuen Gotteshaus. Allerdings war diese Kirche im 19. Jahrhundert für die stetig wachsende Gemeinde zu klein geworden. Eine größere Kirche war nötig. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. und sein Staatskonservator Ferdinand von Quast entschieden sich, nicht etwa die Kirche abzureißen und durch eine neue zu ersetzen, sondern entwickelten die Idee, das historische Bauwerk zu erhalten und durch einen Anbau zu ergänzen.
Den Auftrag für dieses Vorhaben erhielt der preußische Baumeister Friedrich August Stüler (1800-1865). Stüler entwickelte 1854 die Planungen. Der Anbau sollte behutsam am mittelalterlichen Bau anschließen. So entstand an der Westseite ein dreischiffiges Hallenlanghaus aus gelbrotem Ziegelmauerwerk.
Die beiden schlanken Türme und weitere bauliche Details stellen eine optische Verbindung zur alten Kirche her und fügen die in unterschiedlicher Zeit entstandenen Kirchenbauteile zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Ihren heutigen Namen „Zu den vier Evangelisten“ erhielt die evangelische Pfarrkirche übrigens erst im Jahre 1859. Und der Neubau wird heute „Stüler-Halle“ genannt.
In den Jahren 1906 bis 1908 entstand dann als dritter Teil der niedrige Westbau mit zwei Kirchsälen und dem Hauptportal. Selbst dieser spätere Anbau ordnet sich in das Gesamtensemble, wie es Stüler plante, ein. Dieses Ensemble ist vor einigen Jahren saniert worden
Die alte Pfarrkirche stand zwar schon immer auf dem Anger, aber der Name der Straße und deren Aussehen veränderte sich im Laufe der Jahrhunderte. Vor 1871 hieß sie schlicht Dorfstraße. Als sich Pankow im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Ausflugsziel der Berliner entwickelte, hatte sich auch die alte Straßenbezeichnung überholt. Die Hauptstraße erhielt den Namen „Breite Straße“. Doch 100 Jahre später beschloss der Berliner Magistrat, sie in Johannes-R.-Becher-Straße umzubenennen. Becher (1891-1958) zählte mit seinem Frühwerk in den 20er-Jahren zu den avantgardistischen Dichtern und war in den Anfangsjahren der DDR Kulturminister. Nach der politischen Wende bekam die Straße 1991 wieder ihren früheren Namen.
Doch nicht nur der Name der Straße, sondern auch ihr Ausstehen veränderte sich in den vergangenen 100 Jahren komplett. Kaum vorstellbar ist heute, dass es einmal eine Grünanlage mit Springbrunnen dort gab, wo heute die Straßenbahnlinie 50 aus der Berliner in die Breite Straße einbiegt.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.