Im Gespräch mit Cordelia Koch und Oliver Jütting
Nach dem Wechsel von Daniela Billig ins Abgeordnetenhaus und dem Rückzug von Dennis Probst aus der Fraktionsspitze sind Cordelia Koch und Oliver Jütting neue Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung.
Zu ihren Vorhaben für die nächsten Monate geben sie im Interview mit der Berliner Woche Auskunft.
Welche Schwerpunkte haben Sie sich vorgenommen?
Cordelia Koch: Politik findet heute im Rahmen von Bürgerbeteiligungsverfahren statt. Trotzdem gilt: abwarten und wegducken geht nicht! Politiker müssen Position beziehen. Wir werden schließlich gewählt, um die Probleme dieser Stadt zu lösen. Eines sticht dabei hervor: Die Mietpreise steigen in solche Höhen, dass Friseure, Bäcker und Gärtner schon lange keine Wohnung mehr in der Innenstadt finden. Auch Angestellte im öffentlichen Dienst oder gut verdienende Freiberufler müssen Schlange stehen und bekommen nur durch Zufall eine Wohnung. Wir müssen also bezahlbaren Wohnraum schaffen und zwar da, wo die Menschen wohnen wollen: urban, innenstadtnah und mit einer guten ÖPNV-Verkehrsanbindung.
Und wo konkret sollen in Pankow Wohnungen gebaut werden?
Cordelia Koch: Zum Beispiel am früheren Rangierbahnhof Pankow. Dieses Filetstück ist optimal geeignet für innerstädtisches Wohnen. Junge Familien ziehen ins grüne Pankow und sie wollen dort wohnen bleiben können. Wir brauchen auf diesem verkehrlich sehr gut angebundenen Gelände endlich Wohnungen zu bezahlbaren Preisen. Die BVV und das Abgeordnetenhaus müssen aber verhindern, dass die Risiken und Kosten des Grundstücks beim Steuerzahler bleiben. Am Rangierbahnhof Pankow muss endlich etwas voran gehen, und zwar im Sinne Pankows.
Oliver Jütting: Das gleiche gilt für die Michelangelostraße und den Güterbahnhof Greifswalder Straße. Auch hier wollen wir deutlich vorankommen. Zur Ehrlichkeit gehört jedoch der Hinweis, dass in keinem dieser Baugebiete bis zum Ende dieser Legislaturperiode auch nur ein Spatenstich zu erwarten ist. Das liegt an den Planungsprozessen. Es muss erst einmal Baurecht geschaffen werden.
Der Spagat zwischen dem Erhalt von Freiflächen und neuem, bezahlbaren Wohnraum ist nicht einfach. Wie ist der hinzubekommen?
Oliver Jütting: Die Berliner wollen mehr als nur Wohnungen. Sie brauchen soziale Einrichtungen sowie Kitas und Schulen in Laufweite. Sie wollen einen gut funktionierenden Öffentlichen Personennahverkehr vor der Tür. Geschäfte, Restaurants und kulturelles Leben sollen in Reichweite sein. Am liebsten wollen sie mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. All dies, samt einer Wohnung zu bezahlbaren Preisen, liefert ein lebendiges Stadtquartier. Zu einem guten Projekt wird ein Bauvorhaben allerdings erst dann, wenn es ein gesundes Lebensumfeld schafft, weil es das Klima durch Grünflächen, Pflanzen und der Vermeidung von Emissionen verbessert und weil es so gebaut ist, dass es Energie spart und damit die Nebenkosten senkt.
Cordelia Koch: Wir müssen da bauen, wo die Menschen wohnen wollen. Aktuell geht es berlinweit um eine landeseigene Fläche, den Blankenburger Süden. Sie bietet alle Voraussetzungen, um innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre ein lebendiges Stadtquartier zu schaffen. Wohnungen, die sich die Menschen auch leisten können, entstehen aber nicht durch Einfamilien- und Reihenhäuser. Darüber muss man sich im Klaren klar sein. Wer sozialen Wohnraum fordert, meint: Geschosswohnungsbau.
Gerade dort, wo die Berliner mit dem Staat am häufigsten aufeinandertreffen kriselt es. Wo sind hier Ansatzpunkte, um die Leistungsfähigkeit der Pankower Verwaltung weiter zu verbessern?
Oliver Jütting: Momentan ist es wichtig, dass wir genügend Menschen finden, die gerne in der Verwaltung arbeiten wollen. Es ist ein bisschen verrückt: Jahrelang wurde gespart. Und jetzt haben wir genug Geld für neues Personal, finden aber teilweise keine Leute. Personal zu finden ist die kurzfristige Aufgabe. Langfristig wird es darauf ankommen, die Verwaltung in Pankow zukunftsfest zu machen. Hier ist das Stichwort Digitalisierung. Es ist immer weniger zu vermitteln, warum viele Dinge, die in anderen Ländern bequem vom Computer aus erledigt werden können, hier immer noch einen Gang zum Amt erfordern. Da gibt es also noch vieles zu tun.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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