Interview mit Bürgermeister Matthias Köhne
Ein ereignisreiches Jahr liegt hinter uns. Was hat Sie 2014 besonders bewegt?
Matthias Köhne: Pankow hat seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle für ganz Berlin. Für uns sind die Herausforderungen, die mit einem erheblichen Bevölkerungswachstum verbunden sind, nicht neu. Jetzt, wo die Stadt als Ganzes wächst, wird dies endlich wahrgenommen und als gesamtstädtische Aufgabe erkannt. Plötzlich ist es zum Beispiel möglich, dass kurzfristig neue Schulplätze durch mobile Ergänzungsbauten entstehen oder dass zusätzliches Personal zur Bearbeitung der ständig zunehmenden Bauanträge eingestellt wird.
Wo "knirschte" es in den vergangenen zwölf Monaten im Bezirk?
Matthias Köhne: Insbesondere im Immobilienbereich sind wir nicht so vorangekommen, wie es sein sollte. Die Übertragung und Sanierung des Bezirksamtsgeländes in der Fröbelstraße läuft nicht nach Plan. Auch können wir leider keine Fortschritte bei unseren "Sorgenkindern" Kinderkrankenhaus Weißensee und Kulturhaus "Peter Edel" erkennen. Wenigstens die Sanierung der Thomas-Mann-Schwimmhalle scheint nun ja auf einem guten Wege zu sein. Einige Hoffnungen wurden zudem für einen Hallenbad-Neubau an der Wolfshagener Straße geweckt. Jetzt sind Bäderbetriebe und Abgeordnetenhaus am Zuge.
Ein viel diskutiertes Thema ist der geplante Wohnungsneubau durch städtische Unternehmen auf freien Flächen in Pankow wie zum Beispiel auf der Elisabethaue. Wie stehen Sie zu der Wohnungsbauoffensive des Senats?
Matthias Köhne: Wir müssen den gesamten Bezirk im Blick haben und dürfen nicht Einzelinteressen nachgeben. Wer zu Recht bezahlbaren Wohnraum fordert, kann nicht glaubwürdig überall gegen Wohnungsneubau argumentieren, schon gar nicht, wenn dieser durch die städtischen Wohnungsbauunternehmen erfolgt. Mir sind größere zusammenhängende Wohnungsbauvorhaben sehr viel lieber als die vielen kleinen verstreuten, aus denen den Bauherren keine Verpflichtungen für die notwendige soziale Infrastruktur erwachsen. Der Bau und die Finanzierung von Schulen, Kitas und Freiflächen kommen dann auf das Bezirksamt zu. Das ist zum Beispiel bei der Elisabethaue, die auch schon in den 90er-Jahren für eine Wohnbebauung vorgesehen war, ganz anders. Notwendig ist auch eine Anbindung an die BVG. Die alte Forderung, die Tram 50 und die M1 zu verlängern und zu verbinden, kann dann endlich realisiert werden.
Immer wieder fragen Pankower, wann sich denn endlich etwas auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs tun wird. Wie sieht es 2015 dort aus?
Matthias Köhne: Bevor dort etwas sichtbar passieren kann, muss Baurecht geschaffen werden. Daran wird im Bezirksamt intensiv gearbeitet. Leider wird immer wieder durch den Senat versucht, das Projekt zumindest zu verzögern. Ich hoffe, dass im nächsten Jahr wenigstens die notwendigen Bebauungspläne aufgestellt werden können. Danach wird es noch rund zwei Jahre dauern, bevor mit dem Bauen begonnen werden kann.
Viel diskutiert wird derzeit über neue Flüchtlingsheime, vor allem über die Art der Unterbringung von Flüchtlingen in Buch. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Matthias Köhne: Im Umfeld bestehender Flüchtlingsunterkünfte gibt es eine große Unterstützung aus der Bürgerschaft, für die mich ausdrücklich bedanke. Wir haben bisher fünf Flüchtlingsunterkünfte in Pankow. Bei keiner gibt es nennenswerte Beschwerden aus der Nachbarschaft. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens hatte das Bezirksamt ausreichend Zeit, die Nachbarschaft vorzubereiten und zu informieren. Und zweitens konnten die Anwohner bereits Erfahrungen sammeln, was an den im Vorfeld geschürten Ängsten und Sorgen tatsächlich dran ist: nichts. Bei der neuen Unterkunft in Buch hatte der Bezirk leider nicht ausreichend Zeit. Drei Stunden lagen zwischen der Information des Bezirksamtes durch den zuständigen Senator und seiner Pressekonferenz. Er hat damit bewusst in Kauf genommen, den Rechtsextremen eine Steilvorlage zu geben. Die Flüchtlingspolitik des Senators Czaja ist leider ein einziges Desaster, das wir in den Bezirken ausbaden müssen. Ich kritisiere nicht den Standort, sondern die Art und Weise wie der Senator mit dem Bezirk und der Bevölkerung vor Ort umgeht. Ich gehe davon aus, dass auch in Pankow weitere Flüchtlingsunterkünfte geschaffen werden und fordere, dass sich die Kommunikation des Senates gegenüber Anwohnern und Bezirk deutlich verbessert.
Wo sehen Sie für 2015 weitere Schwerpunkte in der Bezirkspolitik?
Matthias Köhne: Pankow bleibt der Wachstumsmotor Berlins. Daraus leiten sich die Aufgaben für alle Bereiche ab. Wenn die Nachfrage steigt, darf sich das Angebot nicht verringern. Dies muss der Leitgedanke bei den Haushaltsberatungen 2015 werden. Schon in den vergangenen Jahren kam rund die Hälfte des Zuzugs aus dem Ausland. Pankow wird internationaler. Darauf muss sich auch die Bezirksverwaltung einstellen und eine entsprechende Willkommenskultur entwickeln.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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