Galerie Pohl erinnert an Formalismus-Debatte in der DDR
"Es ist eine museale Ausstellung, die ich schon seit geraumer Zeit einmal zeigen wollte", sagt Galerist Joachim Pohl. Gezielt sammelte er in den vergangenen Jahren Werke der betreffenden Künstler und ihrer Lehrer. Für die Ausstellung bekam er außerdem weitere Kunstwerke als Leihgabe von privaten Sammlern. Er zeigt Werke von Künstlern, die die Auswirkungen der Formalismus-Debatte deutlich zu spüren bekamen, wie Ulrich Knispel, Kurt Bunge, Hermann Bachmann, Herbert Kitzel, Jochen Seidel und Friz Rübbert. Aber auch Arbeiten von Willi Sitte, der sich später mit seinen Kritikern arrangierte, sind zu sehen. Des Weiteren zeigt der Galerist Arbeiten von den Lehrern dieser Künstler nämlich Erwin Hahs und Charles Crodel.
Nach dem Zweiten Weltkrieg keimte bei den Künstlern in Deutschland die Hoffnung auf, dass Kunst wieder in geistiger Freiheit ausgeübt werden kann. In der Hallenser Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein formierte sich ein Kreis renommierter Künstler, der eine Schar junger Talente um sich scharte. Hahs und Cordel, die die Nazis von ihren Lehrstühlen vertrieben hatten, durften wieder lehren. Mit ihrer Maltechnik begeisterten sie die neue Generation. Die jungen Künstler trugen dazu bei, dass sich die Hallenser Malerei Anfang der 50er-Jahre von den anderen deutschen Kunstzentren abhob.
Die Zuversicht, dass man den unangepassten Weg ohne Gängeleien weitergehen könnte, endete bereits 1951 mit der parteipolitisch inszenierten "Ahrenshooper Bilderschelte". Deren erstes Opfer war Ulrich Knispel. Der Dozent für das Grundlagenstudium hatte mit Studenten eine Ausstellung in Ahrenshoop gestaltet. Auf den Bildern war das Leben an der Ostsee dargestellt. Man sah ramponierte Boote, kaputte Netze, schwer schuftende Fischer.
Ein Kritiker des Neuen Deutschlands besuchte die Ausstellung und schrieb einen Verriss, der als "Ahrenshooper Bilderschelte" in die Geschichte einging. "Ulrich Knispel wusste gar nicht, wie ihm geschah", sagt Joachim Pohl. "Er kam nach Halle zurück, wurde als Dozent gefeuert und flog aus der SED. Man warf ihm vor, dass seine Kunst kapitalistisch gesteuert sei. Damit wurde eine Formalismus-Debatte losgetreten."
Viele der Hallenser Künstler, deren Kunst in dieser Debatte zerredet wurde, gingen in den Westen. Einige nahmen dort Professuren an Kunsthochschulen an. Andere wie Willi Sitte blieben in der DDR und arrangierten sich mit dem System. In der Ausstellung "Unangepasst - Der eigene Weg" zeigt Joachim Pohl nun eine Auswahl von Bildern, die seinerzeit so gescholten wurden.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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