Galerie Pohl erinnert an Formalismus-Debatte in der DDR

Das Bild "Mädchen mit Haube" (1951) von Ulrich Knispel kann Galerist Joachim Pohl in der neuen Ausstellung zeigen. | Foto: BW
  • Das Bild "Mädchen mit Haube" (1951) von Ulrich Knispel kann Galerist Joachim Pohl in der neuen Ausstellung zeigen.
  • Foto: BW
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Pankow. "Unangepasst - Der eigene Weg" ist der Titel einer neuen Ausstellung in der Galerie Pohl. Zu sehen sind in der Wollankstraße 112a Arbeiten, die an die Formalismus-Debatte in der DDR in den 50er-Jahren erinnern.

"Es ist eine museale Ausstellung, die ich schon seit geraumer Zeit einmal zeigen wollte", sagt Galerist Joachim Pohl. Gezielt sammelte er in den vergangenen Jahren Werke der betreffenden Künstler und ihrer Lehrer. Für die Ausstellung bekam er außerdem weitere Kunstwerke als Leihgabe von privaten Sammlern. Er zeigt Werke von Künstlern, die die Auswirkungen der Formalismus-Debatte deutlich zu spüren bekamen, wie Ulrich Knispel, Kurt Bunge, Hermann Bachmann, Herbert Kitzel, Jochen Seidel und Friz Rübbert. Aber auch Arbeiten von Willi Sitte, der sich später mit seinen Kritikern arrangierte, sind zu sehen. Des Weiteren zeigt der Galerist Arbeiten von den Lehrern dieser Künstler nämlich Erwin Hahs und Charles Crodel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg keimte bei den Künstlern in Deutschland die Hoffnung auf, dass Kunst wieder in geistiger Freiheit ausgeübt werden kann. In der Hallenser Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein formierte sich ein Kreis renommierter Künstler, der eine Schar junger Talente um sich scharte. Hahs und Cordel, die die Nazis von ihren Lehrstühlen vertrieben hatten, durften wieder lehren. Mit ihrer Maltechnik begeisterten sie die neue Generation. Die jungen Künstler trugen dazu bei, dass sich die Hallenser Malerei Anfang der 50er-Jahre von den anderen deutschen Kunstzentren abhob.

Die Zuversicht, dass man den unangepassten Weg ohne Gängeleien weitergehen könnte, endete bereits 1951 mit der parteipolitisch inszenierten "Ahrenshooper Bilderschelte". Deren erstes Opfer war Ulrich Knispel. Der Dozent für das Grundlagenstudium hatte mit Studenten eine Ausstellung in Ahrenshoop gestaltet. Auf den Bildern war das Leben an der Ostsee dargestellt. Man sah ramponierte Boote, kaputte Netze, schwer schuftende Fischer.

Ein Kritiker des Neuen Deutschlands besuchte die Ausstellung und schrieb einen Verriss, der als "Ahrenshooper Bilderschelte" in die Geschichte einging. "Ulrich Knispel wusste gar nicht, wie ihm geschah", sagt Joachim Pohl. "Er kam nach Halle zurück, wurde als Dozent gefeuert und flog aus der SED. Man warf ihm vor, dass seine Kunst kapitalistisch gesteuert sei. Damit wurde eine Formalismus-Debatte losgetreten."

Viele der Hallenser Künstler, deren Kunst in dieser Debatte zerredet wurde, gingen in den Westen. Einige nahmen dort Professuren an Kunsthochschulen an. Andere wie Willi Sitte blieben in der DDR und arrangierten sich mit dem System. In der Ausstellung "Unangepasst - Der eigene Weg" zeigt Joachim Pohl nun eine Auswahl von Bildern, die seinerzeit so gescholten wurden.

Geöffnet ist bis zum 4. Juli montags, dienstags und freitags von 14 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 19.30 Uhr sowie nach Vereinbarung unter 486 71 13. Nach einer Sommerpause ist die Ausstellung dann vom 25. August bis 12. September zu besichtigen.
Bernd Wähner / BW
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

90 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Kniebeschwerden können durch Unfälle, Verschleißerscheinungen oder Fehlstellungen verursacht werden und beeinträchtigen Ihre Beweglichkeit sowie Ihre Lebensqualität erheblich. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Für mehr Lebensqualität!
Linderung für Hüft- und Knieschmerzen

Hüft- und Kniebeschwerden können durch Unfälle, Verschleißerscheinungen oder Fehlstellungen verursacht werden und beeinträchtigen Ihre Beweglichkeit sowie Ihre Lebensqualität erheblich. Bei unserem Infoabend wird Tariq Qodceiah, Chefarzt für Orthopädie & Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums in Reinickendorf, Ihnen die verschiedenen Ursachen und Behandlungsstrategien für Knie- und Hüftschmerzen erläutern. Er stellt sowohl konservative als auch operative Methoden vor und zeigt,...

  • Reinickendorf
  • 25.02.25
  • 725× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 961× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 955× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.