Michael Bienert gab alten Bestseller "Die Entdeckung Berlins" neu heraus
Das Besondere ist allerdings: Es erschien zum ersten Mal 1911. Seinerzeit war es ein großer Erfolg. Geschrieben hatte es der in Deutschland geborenen und in die USA ausgewanderten Journalist und Erzähler Henry F. Urban. Das Buch war so hinreißend geschrieben, dass es in der DDR 1986 bereits als Faksimile erschien. Allerdings gab es weder ein Vor- noch ein Nachwort. Vor einigen Jahren entdeckte der Pankower Kulturwissenschaftler Michael Bienert eine Originalausgabe von diesem Buch. "Ich war sofort vom Titel begeistert", sagt er. "Ich bin selbst auch ein leidenschaftlicher Berlin-Entdecker. Das Buch stammt zwar aus der Kaiserzeit, aber es ist so frisch und schwungvoll geschrieben, dass es heute noch sehr viel Spaß macht, die Texte zu lesen."
Bienert konnte den Verleger André Förster gewinnen, das Buch neu aufzulegen. Allerdings erweiterte er das ursprüngliche Buch. Er würzte es nicht nur mit passenden Fotografien, er begab sich auch auf die Suche nach Spuren von Henry F. Urban zwischen Berlin und New York. Leider ist über den Auto nicht viel bekannt. "Ich habe dann wie ein Trüffelschwein nach Informationen gesucht", sagt Bienert lächelnd.
So gelang es ihm mithilfe amerikanischer Freunde, mehr über Urban herauszubekommen. Die Recherchen ergaben, dass der Journalist 1862 in Berlin zur Welt kam und 1924 in New York verstarb. 1898 machte er sich mit dem Schiff auf nach Amerika, ein Jahr später wurde er dort eingebürgert. Bienert fand sogar das Haus, in dem Urban in New York City lebte, mit der Adresse 134 East 60th Street. Das Haus steht immer noch inmitten von Wolkenkratzern. Ein Foto des Hauses aus dem Jahre 2012 findet sich im Buch.
Erschienen war "Die Entdeckung Berlins" zunächst als eine Feuilletonserie im Berliner Lokalanzeiger. Die Idee hatte Urban übrigens, als er am Ufer der Panke saß. Das zumindest behauptet er in einleitenden Versen der Originalausgabe. Von der Idee begeistert, Berlin neu zu entdecken, streifte der Journalist seinerzeit mit dem respektlosen Blick eines New Yorkers durch das damalige Berlin. Er beobachtete dabei den Alltag in der Reichshauptstadt, vergnügte sich in Konditoreien und im Lunapark. Er begibt sich auf die Jagd nach einer Wohnung und kämpfte mit Behörden. Zum Ausspannen fuhr er an die Ostsee und in den Spreewald. Dass die Texte so ein Erfolg waren, lag wahrscheinlich daran, dass Berlin vor dem Ersten Weltkrieg selten mit so viel Witz und Komik geschildert wurde, wie in diesem Buch.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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