Die Kreuzkröten vom Pankower Tor
Nabu will Schutzreservat auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs

Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröten zu beeinträchtigen oder zu zerstören, ist gesetzlich verboten. | Foto: Mirjam Nadjafzadeh/NABU Berlin
  • Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Kreuzkröten zu beeinträchtigen oder zu zerstören, ist gesetzlich verboten.
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Es liegt zwar noch kein konkreter Planungsentwurf für das Pankower Tor vor, doch die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Nun hat der Naturschutzbund (Nabu) Berlin beim Verwaltungsgericht Klage gegen den von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz erlassenen Feststellungsbescheid eingereicht.

Diesem zufolge sei eine von der Firma Krieger Handel SE geplante Bebauung des Pankower Tors „alternativlos“ und im „zwingenden öffentlichen Interesse“. Der Nabu hat bei seiner Klage vor allem den Schutz der Kreuzkröten im Blick. Kreuzkröten besiedeln ursprünglich spezifische Auenlandschaften, die durch menschliche Eingriffe selten geworden sind. Die Art ist vom Aussterben bedroht, steht in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ist nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Die Beeinträchtigung oder Zerstörung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten ist verboten.

Melanie von Orlow, Geschäftsführerin des Nabu Berlin, sieht in dem Vorgang eine bundesweite Signalwirkung: „Wenn für den Bau eines Möbelmarktes ein ‚zwingendes öffentliches Interesse‘ vorliegt und dadurch die letzte Population einer streng geschützten Art einfach ausgelöscht werden kann, dann brechen bittere Zeiten für den Naturschutz an“, sagt von Orlow.

Die Senatsverwaltung betont dagegen die Wohnungsnot. Constanze Siedenburg, Sprecherin der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, erklärt, der Bescheid stelle noch keine Erlaubnis dar. „Vielmehr macht der Bescheid eine Ausnahmegenehmigung davon abhängig, dass der Projektentwickler ein überzeugendes Konzept vorlegt, mit dem die Lage der Kreuzkröten-Population nicht verschlechtert wird“, sagt sie gegenüber der Berliner Morgenpost. Ein solches Konzept könne beispielsweise in einer Umsiedlung bestehen.

Die Kreuzkröte war im Berliner Raum vermutlich schon immer selten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz von 2015. Doch finden sich aus dem 20. Jahrhundert Belege für ihr Vorkommen an unterschiedlichen Orten des Stadtgebiets. Diese Bestände sind alle erloschen. Die auf dem Gelände des einstigen Güterbahnhofs Pankow lebenden Tiere sind die letzten ihrer Art in Berlin.

2009 waren erstmals die typischen Rufe der Kreuzkröten vom Gelände des stillgelegten Güterbahnhofs zu hören. Naturschützer nehmen an, dass sie entlang der Bahntrasse zugewandert sind. In wenigen Jahren etablierte sich dort eine Population mit mehreren Hundert Tieren. Im Frühjahr 2010 kaufte die Krieger Grundstück GmbH (KGG) das Areal, um dort ein Wohnviertel mit Schule, Kitas, Büros, Möbelhaus, Parks und Einzelhandel zu errichten.

Als Reaktion auf das Bebauungsvorhaben unterbreitete der Nabu Berlin 2011 erste Vorschläge, um die Kreuzkrötenpopulation in Berlin zu sichern. Ob sich nach der Umsiedlung einiger Jungtiere in den Landschaftspark Herzberge und in die Falkenberger Rieselfelder in den Jahren 2015 und 2016 Populationen etablieren konnten, steht noch aus, berichtet der damalige Nabu-Artenschutzreferent Jens Scharon.

Im Dezember 2020 wurde der Start des Workshopverfahrens für die Konzeption des Pankower Tors verkündet. Im März 2021 kritisierte der Nabu Berlin die sechs daraus zur Bürgerbeteiligung vorgestellten Entwürfe. Sie alle würden das Vorkommen der Kreuzkröten auf dem Gelände ignorieren, sagt der Berliner Nabu-Vorsitzende Rainer Altenkamp. „Eine solche Umsiedlung hat bundesweit bisher nirgends funktioniert, und sie wäre gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen rechtswidrig“, erklärt er. Im Mai präsentierte der Nabu Berlin daher einen Vorschlag, der vorsah, knapp ein Drittel des Areals von Bebauung freizuhalten, um die auf dem Gelände befindlichen Tierarten durch ein Schutzreservat mit Biotopstreifen zu erhalten.

Autor:

Paul Stein aus Pankow

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