Ein vergessener Ort: Der Ossietzkyplatz hat seine Attraktivität längst eingebüßt
Der Ossietzkyplatz sieht heute etwas trist aus, aber das war nicht immer so. Er gehörte einst zum alten Dorf Niederschönhausen. Das wurde erstmals 1375 als Nydderen Schonhusen urkundlich erwähnt. Vom Platz aus zog sich die frühere Dorfstraße in Richtung Norden. Bis 1871 hieß die Fläche allerdings Kirchplatz. An ihr befand sich seit dem Mittelalter die alte Dorfkirche.
1871 ist der Platz dann in Friedensplatz umbenannt worden. Anlass war der Friedensvertrag nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/ 1871. Zeitgleich wurde auch die heutige Friedenskirche am Platz eingeweiht. Sie wurde in den Jahren 1869 bis 1871 derart umfassend umgebaut, dass der Eindruck entstand, sie sei neu errichtet worden.
Dieser Platz an der Kirche war schon immer etwas Besonderes für die Bewohner von Niederschönhausen. Ab 1892 war hier zum Beispiel die Endstation der Pferdebahn, die zwischen dem Berliner Stadtzentrum und damalige Dorf pendelte. Bei den vergnügungssüchtigen Berlinern war die Bahn besonders beliebt.
Auch gutbetuchte Bürger schätzten die grüne Oase und dörfliche Lage vor den Toren Berlins. Sie bauten dort ihre Sommerhäuser. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann auf elektrische Straßenbahn umgestellt. Auf dem Platz selbst entstand später ein Café Sechseck, wie die Berliner die öffentlichen Bedürfnisanstalten jener Zeit nannten. Auch einen Zeitungskiosk gab es, und ab 1929 eine öffentliche Telefonzelle.
Seinen heutigen Namen erhielt der Platz 1948. Namensgeber ist der Schriftsteller, Pazifist und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky (1889-1938). Er machte sich als Herausgeber der „Weltbühne“ einen Namen. Die Nazis kerkerten ihn nach ihrer Machtergreifung im Konzentrationslager Sonnenburg, später im Konzentrationslager Esterwegen/Emsland ein. Sie mussten ihn aber auf internationalem Druck freilassen. Ossietzky war während seiner Haft schwer an Tuberkulose erkrankt.
Nach seiner Haftentlassung wurde er im früheren Krankenhaus Nordend, das sich auf einem Grundstück in der Mittelstraße 6-8 befand, behandelt. Er starb vor 80 Jahren an seiner schweren Erkrankung. Beigesetzt wurde er auf dem städtischen Friedhof am Herthaplatz. In Pankow und Niederschönhausen sind heute der Platz, eine Straße sowie ein Gymnasium nach Ossietzky benannt. Außerdem erinnert ein Denkmal an der Ossietzkystraße an ihn und sein Wirken in den 20er- und 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Zurück zum Ossietzkyplatz: Dass er nicht sonderlich attraktiv ist, wissen sowohl Anwohner als auch Bezirkspolitiker. Dem Bezirksamt fehlen allerdings Geld und Personal, um eine Umgestaltung des Platzes in Angriff nehmen zu können.
Vor zwei Jahren nahm sich ein studentisches Projekt der Beuth Hochschule in Kooperation mit der Friedenskirchengemeinde dieses Themas an. Die Studenten entwickelten Ideen, wie die Fläche umgestaltet werden könnte, organisierten sogar eine Umfrage unter Anwohnern und eine Ausstellung auf dem Platz. Doch bislang blieb es nur bei Ideen für den Ossietzkyplatz. Änderungen, die eine verbesserte Aufenthaltsqualität mit sich bringen würden, sind derzeit nicht in Sicht.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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