Baupfusch: zwölf Millionen Euro versenkt
Howoge muss schadhafte Containermodule im Studentendorf abreißen
Totalschaden, Millionenverluste, Strafverfahren wegen Betrugs. Das Studentendorf in der Eichbuschallee ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Wie aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf eine Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) hervorgeht, wird das Bauprojekt die Beteiligten weiter beschäftigen.
Alles begann im Sommer 2013. Da fiel der Startschuss für ein ungewöhnliches Studentendorf, das auf einem bis 1990 vom DDR-Institut für Lebensmitteltechnologie genutzten Areal errichtet wurde. Ungewöhnlich deshalb, weil es aus Hochseecontainern zusammengebaut wurde. Der Investor hatte sich dazu von einem Besuch in einem ähnlichen Containerdorf für Studenten in Amsterdam inspirieren lassen. Anfang 2014 zogen die ersten Studenten in der Eichbuschallee ein. Sie hatten dort 26 Quadratmeter große Miniwohnungen, inklusive Arbeitsplatz, kleiner Küche und Bad.
2016 kaufte das landeseigene Wohnungsunternehmen Howoge die studentische Wohnanlage mit insgesamt 369 vollmöblierten Apartments an. 109 Wohneinheiten waren da bereits fertiggestellt und vermietet. Mit dem Ankauf verbunden war ein sogenannter Development-Vertrag mit einem vom Voreigentümer beauftragten Projektentwickler. Dieser beinhaltete eine Bauverpflichtung von Modulen für 260 weitere Apartments. Der Baustart erfolgte im Dezember 2016. Wenig später gingen die Bestandsmodule in das Eigentum der Howoge über. Bis April 2018 waren schließlich alle in einer Modulbaufabrik in Polen gefertigten, bei Montage technisch voll ausgerüsteten und möblierten Module in der Eichbuschallee aufgestellt und vormontiert. Der Fertigstellungstermin wurde dann allerdings vom Projektentwickler mehrfach verschoben und mit erheblichen Sanierungsarbeiten in Folge eines Wasserschadens durch Starkregen begründet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Howoge bereits einen Großteil des Kaufpreises bezahlt.
„Die Fälligkeit der Ratenzahlungen wurde von einem beidseitig beauftragten Baucontroller nach quantitativem Baufortschritt festgestellt“, heißt es im Bericht der Howoge. „Der Projektentwickler hatte zunächst glaubhaft versichert, dass er sowohl technisch als auch finanziell in der Lage sei, den Schaden an den Modulen zu beheben und das Projekt – wenn auch verspätet – fertigzustellen.“ Im Frühsommer 2019 seien dann aber Zweifel an Glaubwürdigkeit und Finanzkraft des Vertragspartners aufgekommen. Nachdem der Howoge außerdem Insiderinformationen über erhebliche verdeckte Baumängel zugetragen wurden, ging das Wohnungsunternehmen davon aus, vorsätzlich über Bauqualität und -ausführung getäuscht worden zu sein. „Nach intensiver Recherche und externer Begutachtung wurden die Modulneubauten als Totalschaden eingestuft“, berichtet die Howoge. Noch im selben Jahr kündigte sie den Vertrag mit dem Projektentwickler. Zugleich veranlasste sie die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Betrugs gegen diesen, das heute noch nicht abgeschlossen ist. Der Schaden durch den Baupfusch wird auf 12,1 Millionen Euro beziffert.
Der Fertigstellung des Studentendorfs, die eigentlich 2018 erfolgen sollte, verschiebt sich dadurch deutlich. Nach Angaben der Howoge werden derzeit die schadhaften Module abgerissen. Zugleich läuft ein Vergabeverfahren für den Neubau der Studentenwohnungen. Deren Baubeginn wird voraussichtlich Anfang 2022 sein. Die Fertigstellung ist für Herbst 2023 geplant. „Ich hoffe, dass im Rahmen der juristischen Aufarbeitung der betrügerische Projektentwickler auch finanziell zur Verantwortung gezogen wird, um den Schaden für das Land Berlin zu minimieren. Das Studentendorf sollte möglichst schnell fertiggestellt werden, denn Wohnraum für Studenten ist in Berlin Mangelware“, sagt der Abgeordnete Stefan Förster.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.