Steinwürfe und Farbattacken
Auf das Polizeigebäude Bulgarische Straße werden immer wieder Anschläge verübt
Die Risse in der Scheibe der Eingangstür sind gut zu erkennen. In einem Fenster daneben klafft ein großes Loch. Auf dem Boden sind rote Farbreste. Auch Wochen danach sind die Spuren des Anschlags auf das Polizeigebäude in der Bulgarischen Straße 55A noch zu sehen.
Am 16. Juni hatten vier Vermummte kurz nach 23 Uhr mehrere Wurfgeschosse gegen die Fassade geworfen. Der Wachschutz sah die Täter noch davonrennen, doch im dunklen Treptower Park, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt, waren diese schnell auf und davon. Wer genau den Anschlag ausgeübt hat, konnte nicht ermittelt werden, doch die Polizei ist sicher, dass es Linksextreme waren. Grund: Innerhalb von 24 Stunden nach der Tat tauchte ein Text auf der Internetseite „indymedia.org“ auf. Ein anonymer Nutzer erklärt in dem Beitrag, eine „kleine Gruppe von Freund*innen“ habe die Polizeiwache mit Steinen und Farbgläsern angegriffen. Indymedia ist im Juli 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Linksextremismus eingestuft worden. Eine frühere Webseite ist bereits verboten und abgeschaltet worden.
Die Gewerkschaft der Polizei wandte sich am Tag nach der Tat an die Öffentlichkeit. „Unsere Kollegen sind Menschen und haben ein Recht darauf, in Sicherheit arbeiten zu können“, erklärte Pressesprecher Benjamin Jendro. „Wir müssen über die Sicherheit unserer Liegenschaften reden, gerade weil es an der Bulgarischen Straße nicht der erste Angriff war. Videotechnik vor dem Gebäude würde den einen oder anderen von so einer sinnfreien und demokratiefeindlichen Tat abhalten sowie Beweismaterial ermöglichen“, teilte er mit.
Mehr Kameras wünscht sich auch Daniel Funk, der im Gebäude arbeitet. Sie würden künftige Taten wohl kaum verhindern, doch bei der Aufklärung helfen, meint er. Der 44-Jährige hat früher beim Polizeilichen Staatsschutz im Landeskriminalamt in Tempelhof gearbeitet. Erst seit Mitte April ist er in der Bulgarischen Straße tätig. Dort leitet er die dritte Inspektion des Referats Kriminalitätsbekämpfung. „Wir bearbeiten hier klassische Straßenkriminalität wie Körperverletzung, Raub, Rauschgiftdelikte und Jugendgruppengewalt. Wir sind nicht der Staatsschutz, bearbeiten keine politischen Delikte“, erläutert er. Seine Kollegen seien nicht bei Demonstrationen im Einsatz. Aus diesem Grund denke er nicht, dass sich der Anschlag speziell gegen die Mitarbeiter dort richtet. Dennoch sagt Daniel Funk: „Mir fällt kein Dienstgebäude ein, das so regelmäßig attackiert wird.“
Seit 2017 habe es drei Fälle von Sachbeschädigung sowie zwei Brandstiftungen gegeben, obwohl das Gebäude durch einen Wachschutz rund um die Uhr besetzt sei. Der erfahrene Polizeibeamte sieht den Standort an sich als Ursache für die Attacken. Durch den Treptower Park könnten sich die Täter unbemerkt nähern und auch wieder verschwinden. Die Motive seien immer gleich. „Antirepression, Antigentrifizierung und Antikapitalismus sind die drei Dauerbrenner“, so Funk. Weil die Polizei staatliche Gewalt ausübt, sei sie automatisch Feindbild. Sorge bereite der erneute Anschlag jedoch keinem. „Was den Kollegen mehr zu schaffen macht, ist Gewalt gegen Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr. Das hat wirklich zugenommen“, sagt er.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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