Der Mann aus dem Wald
Thomas Pollhammer muss den Plänterwald verlassen
Im Plänterwald, dem 89 Hektar großen Forstgebiet zwischen Spree und Neuer Krugallee, sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht. Aber seit acht Jahren lebt hier auch ein Mensch, der Straßenkünstler Thomas Pollhammer.
Seit seine spärliche Behausung hinter dichten Hecken Anfang Februar von einem Förster entdeckt wurde, ist Pollhammer ein gefragter Mann. Schon mehrfach hat er Journalisten zu seiner Hütte geführt. „Wir treffen uns unten an der Straße, da hole ich dich ab. Allein findest du mich nicht“, teilt er per E-Mail auf eine Interviewanfrage mit.
Ein paar Tage später steht er pünktlich am Straßenrand, nimmt dankend die mitgebrachten Wasserflaschen in Empfang. Dann geht es über ein paar Waldwege ins Dickicht und um ein paar Hecken herum. Dann erst, hinter einer Art Wall, die bescheidene Hütte mit einem Fenster, darin ein paar Plastiken. „Hier lebe ich seit rund acht Jahren. Zuerst im Zelt, dann in einer einfachen Laubhütte, vor einem Jahr habe ich mir mit Latten und Dämmplatten aus dem Baumarkt und Möbelresten vom Straßenrand diese Unterkunft gebaut“, erklärt der 41-Jährige. Thomas Pollhammer, in Landshut in Bayern aufgewachsen, war mehrere Jahre als Straßenkünstler im Süden Europas unterwegs, machte Musik und betrieb Holzschnitzerei. „Das Leben dort wurde aber immer stärker reglementiert. In Italien bekommst du schon einen Strafzettel, wenn du in einer Touristenstadt auf dem Boden sitzt. Künstler werden dort als Bettler gesehen und immer mehr schikaniert“, berichtet er. Auch deshalb ging er vor acht Jahren nach Berlin. Der Versuch, eine Existenz als Trockenbauer aufzubauen, scheiterte und für eine Wohnung reichte das Geld nie. „Da bin ich dann in den Plänterwald gegangen. Der Grunewald liegt zu sehr am Stadtrand, von hier komme ich schnell in die Stadt“, erzählt Pollhammer.
Der ist selbst erstaunt, wie lange er unbehelligt hier leben konnte. Spaziergänger hätten die Hütte nie gefunden. Kitakinder auf Waldspaziergang sind ein paar Mal vor dem Fenster mit den Kunstwerken aufgetaucht. „Die waren dann ganz verblüfft und wollten wissen, warum ich im Wald lebe. Die Kinder waren einfach nur wissbegierig und aufgeschlossen“, berichtet Thomas Pollhammer. Die Hütte ist einfach, aber zweckmäßig eingerichtet. Ein Küchenregal mit kleiner Tischplatte, ein Sofa, eine Schlafstatt und der selbst entworfene Teelichtofen. „Die Nächte im Winter sind schon grenzwertig. Der Ofen sorgt allerdings für Plusgrade und unter der Decke lässt es sich aushalten“, erklärt der Waldbewohner.
Da er seine Mailadresse an die Hüttentür gemalt hat, kam die Post vom Förster auf diesem Weg. Mit der Aufforderung, die Hütte bis zum 12. Februar abzubauen. Pollhammer hat gebeten, die Frist zu verlängern. „Das hat man mir dann auch gewährt, jetzt soll ich bis 15. März den Plänterwald verlassen“, berichtet er. Ihm ist durchaus bewusst, dass man nicht einfach im Berliner Wald seine Behausung aufschlagen kann. Auch deshalb sucht er nach einem neuen Standort und hat Kontakt zum Bauhaus Campus aufgenommen, der vor einem Jahr mit preiswerten Minihäusern für sozial Schwache von sich Reden machte. „Am liebsten wäre mir aber, eine Hütte auf Räder zu stellen und mit einem Kleinbus durch Europa zu ziehen“, sagt Thomas Pollhammer.
Dann macht er sich auf den Weg in ein Café im Simon-Dach-Kiez. Dort hat er künstlerisch tätige Freunde, geht ins Internet und liest seine Post.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.