Siegfried Stock ist künftig nur noch einfacher Bezirksverordneter
Der Sozialdemokrat feiert einen Tag vor der Amtsübergabe seinen 65. Geburtstag, die Übergabe war bereits zu Beginn der Legislaturperiode zwischen der Zählgemeinschaft aus SPD, CDU und Bündnis 90/Grünen vereinbart worden.
Siegfried Stock, Thüringer vom Rand des Eichsfelds, kam mit der Wende 1989 in die Bezirkspolitik. Er gehört zu jenen, die bereits im Wendeherbst in der Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP) waren und dafür sorgten, dass die Ideen von Wilhelm Liebknecht und August Bebel im damaligen Bezirk Treptow schnell wieder Anhänger und Heimat fanden. Im Juni 1990 saß der Lehrer für Mathematik und Physik zum ersten Mal im Rathaus, als gerade gewählter Volksbildungsstadtrat. Dieses Amt hatte er bis 1996 inne. Dann folgten zwei Jahre, in denen er wieder als Lehrer tätig war, bevor er 1998 für den plötzlich verstorbenen SPD-Bürgermeister Michael Brückner einsprang.
Mit der Bezirksfusion 2001 schied Stock aus dem Bezirksamt aus und war wieder Verordneter, seit 2006 leitete er als Vorsteher die Tagungen des Bezirksparlaments. Bei 75 Sitzungen hat er im Präsidium an der Stirnseite des restaurierten Ratssaals für die Einhaltung der Geschäftsordnung gesorgt. Dabei musste er manche Ärgernisse miterleben. "Mehrmals haben Chaoten die Sitzung gestürmt, die damit Forderungen durchsetzen wollten, zum Beispiel ging es einmal um die Schließung eines Jugendklubs", sagt Stock.
Und auch mit der NPD, die zeitweise in Fraktionsstärke im Treptower Rathaus saß, hatte er manchen Strauß auszufechten. Sein Ordnungsruf ertönte, wenn Die BVV für braune Propaganda missbraucht werden sollte. "Es war auch keine Sternstunde für das Bezirksparlament, als der damalige NPD-Vorsitzende und Bezirksverordnete Udo Voigt in einer Rede im März 2010 die Waffen-SS gepriesen hat", erzählt Siegfried Stock. Der Vorsteher hatte die drastischen Äußerungen sofort zurückgewiesen, zwei Jahre später sorgte er als Zeuge vor dem Berliner Landgericht dafür, dass Voigt wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.
Positiv im Gedächtnis bleiben dem langjährigen Vorsteher jedoch die Erfolge seiner Arbeit. Dazu gehören zahlreiche Veranstaltungen, mit denen an die Opfer von Mauer und Schießbefehl erinnert wurde. Dabei nutzte der frühere Lehrer seine Kontakte zu örtlichen Schulleitern. Wenn zum Beispiel an die 1966 an der Kiefholzstraße erschossenen Schüler Jörg Hartmann und Lothar Schleusener erinnert wird, sind fast immer Schüler der nahen Bouché-Grundschule und der Sonnenblumen-Grundschule dabei. "Ein ganz besonderes Erlebnis war die Benennung der Chris-Gueffroy-Allee. Damit wurde ein Junge aus unserem Bezirk geehrt, der als letztes Opfer des Schießbefehls traurige Berühmtheit erlangt hat", erinnert sich Siegfried Stock.
Wenn er Ende Juli seinen Schreibtisch gegen ein Fach im Büro der SPD-Fraktion eingetauscht hat, geht die politische Arbeit für ihn noch mindestens bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2016 weiter. "Als Hinterbänkler mische ich mich künftig wieder stärker mit Anfragen und Anträgen in die Bezirkspolitik ein. Außerdem habe ich hoffentlich wieder mehr Zeit für meine fünf Kinder, elf Enkel und drei Urenkel", sagt Siegfried Stock.
Autor:Ralf Drescher aus Lichtenberg |
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