Im Pompeij an der Oder: Spurensuche auf der Festung Küstrin
Auf den ersten Blick erinnern die Reste der zerstörten Festung Küstrin, polnisch Kostrzyn, an eine antike Ausgrabungsstätte. Ein Spaziergang durch das Areal ist gleichzeitig Grenzüberschreitung, Spurensuche und Zeitreise in die preußische und deutsche Geschichte.
Strategisch günstig am Zusammenfluss von Oder und Warthe gelegen, war Küstrin seit jeher Spielball politischer und militärischer Interessen. 1535 wurde die Anlage im italienischen Stil erbaut, ab 1631 führten Schweden, später Preußen den Ausbau fort. 1730 wurde ein Teil, die Bastion Brandenburg, Schauplatz der Hinrichtung von Katte, Jugendfreund von Friedrich II., der auf Befehl des verhassten Vaters die Exekution mitansehen musste. Im Siebenjährigen Krieg schossen russische Truppen Küstrin in Brand, die größte Katastrophe aber folgte im März 1945. Die Rote Armee machte Stadt und Festung dem Erdboden gleich.
Da bislang nur die äußeren Mauern teilweise renoviert wurden, eröffnen sich Besuchern Perspektiven auf die Vergangenheit, die kaum ein normales Museum zu vermitteln vermag. Grundmauern zerstörter Gebäude, Kopfsteinpflaster nebst zweisprachigen Straßenschildern machen Geschichte erlebbar. Die Schrecken des Krieges werden in der noch sichtbaren Zerstörung greifbar, sind versteinert in Teilen von Sockeln, in verwitterten Fundamenten, in Kellerlöchern, in Treppenaufgängen, die ins Leere führen. Und so wird der Ausflug zum Streifzug durch eine untergegangene Welt, durch ein „Pompeij an der Oder“.
Im Stundentakt fahren Regionalbahnen von Berlin-Lichtenberg nach Kostrzyn (Fahrzeit rund eine Stunde). Vom Bahnhof aus ist die Festung nach einem Spaziergang von circa zwei Kilometern über die Warthe-Brücke schnell erreicht. Mit dem Pkw geht es auf der B1 über Müncheberg und Seelow direkt nach Kostrzyn. mv
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.