Von Sängerkrieg und Tintenfleck: Auf der Wartburg trifft Legende auf Weltgeschichte
Den sagenhaften Sängerkrieg hat es vermutlich nie gegeben. Und auch das Tintenfass, das Martin Luther einst auf den Teufel geworfen haben soll, zählt zu den Legenden. Derer gibt es viele auf der Wartburg in Eisenach.
Sie machen den Besuch auf Deutschlands berühmtester Burg umso spannender. Ihr Begründer Ludwig der Springer war schon vor dem Bau im Jahre 1067 legendär, erlangte er seinen Beinamen doch scheinbar durch einen kühnen Sprung von der Burg Giebichenstein in die Saale, mit dem er sich einer drohenden Hinrichtung entzogen haben soll. Tatsächlich aber ist der Beiname eine Fehlinterpretation des Herkunftsnamens Salicus (Salier). So vermischt sich auf der Wartburg Legende mit Geschichte. Wahre Berühmtheit erlangte die Festung am 4. Mai 1521, als Kurfürst Friedrich der Weise Martin Luther alias Junker Jörg hier Zuflucht gewährte. Mit der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche schrieb Luther Weltgeschichte auf der Wartburg. Sein sagenhafter Wurf mit dem Tintenfass auf den Teufel ist dabei nur eine weitere Legende. Ihr Ursprung findet sich in Luthers Aussage, er habe „den Teufel mit Tinte vertrieben“, womit eher seine Bibelübersetzung gemeint war. Gleichwohl bleibt der vermeintliche Tintenfleck in der Lutherstube die wohl meistfotografierte Stelle der Burg. Als im 19. Jahrhundert die Wartburgfeste der studentischen Burschenschaften begannen, war die sagenumwobene Wartburg längst zu einem nationalen Symbol stilisiert. Ihr Mythos besteht fort: Als Vorlage für Schloss Neuschwanstein, als literarischer Schauplatz von Wagners Tannhäuser und schließlich als eine weitere errechnete geographische Mitte Deutschlands bleibt die geschichtsträchtige Wartburg ein Ausflugsziel der besonderen Art.
Anfahrt: Per IC oder ICE ist man in circa 3,5 Stunden in Eisenach (Umstieg in Leipzig). Mit dem Pkw geht es über die A9 und A4 bis zur Ausfahrt Eisenach-Ost, von dort auf der B19 durchs Stadtzentrum. Am Abzweig Wartburgallee der Beschilderung folgen. mv
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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