Mieter feiern ihren Erfolg
Mit dem Haus Gleimstraße 56 übte der Bezirk Pankow erstmalig sein Vorkaufsrecht aus
Die Mieter der Gleimstraße 56 feierten jetzt die Kommunalisierung ihres Hauses. Damit fanden anderthalb Jahre des Bangens, Hoffens und des Kampfes für die 30 Mietparteien ein positives Ende. Und auch die Kita und der Instrumentenbauer im Haus können als Gewerbemieter bleiben.
Das sah Anfang 2018 noch ganz anders aus. Im Februar und März 2018 kamen immer wieder Fremde mit Exposés unterm Arm ins Haus. Wie sich herausstellte, waren es potenzielle Investoren. Denn das Haus stand, wie die Mieter wenig später herausfanden, zum Verkauf. „Wir ahnten schon, was auf uns zukommen könnte“, sagt Lothar Gröschel, der Sprecher der Mieter der Gleimstraße 56. „Ein neuer privater Eigentümer würde wohl eine Luxussanierung vornehmen, die Wohnungen danach vielleicht teuer verkaufen. Beispiele dafür gibt es genug in unserer Nachbarschaft. Deshalb beschlossen wir, als Mieter aktiv zu werden.“
Das Haus an der Gleimstraße 56 ist ein klassisches Mietshaus, erbaut im Jahre 1901. 2007 sei es zuletzt von den Gebrüdern Werz und Werz gekauft worden. Diese ließen es allerdings nicht sanieren. Stattdessen sollte es im vergangenen Jahr weiterverkauft werden. Da das Haus in einem Milieuschutzgebiet steht, hatte aber die Kommune ein Vorkaufsrecht. Die Mieter nahmen deshalb frühzeitig Kontakt mit Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) auf. Der teilte ihnen mit, dass man erst reagieren könne, wenn ein Kaufvertrag vorliege. Danach werde dem Käufer eine Abwendungsvereinbarung angeboten. Das heißt, der neue Eigentümer kann sich verpflichten, das Gebäude im Sinne der Erhaltungsziele für das Milieuschutzgebiet zu bewirtschaften. Damit solle der Verbleib der Mieter im Haus gesichert werden. Lehnt der Käufer jedoch ab, kann das Bezirksamt laut Baugesetz ein Vorkaufsrecht ausüben. Dieses Verfahren war in Pankow bis dahin allerdings noch nie bis zum Schluss durchgezogen worden.Im Juni 2018 ist das Haus dann tatsächlich verkauft worden. Die Mieter begannen Aktionen zu organisieren.
So luden sie Politiker und Bezirksamtsmitarbeiter zu einem Hausbesuch ein. Die Gäste hatten die Möglichkeit, das Gebäude und die Bewohner, über deren Schicksal sie entscheiden mussten, kennenzulernen. Dieser Hausbesuch hatte zur Folge, dass die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) auf Antrag der Linkspartei und SPD einen Beschluss „Gleimstraße 56 – Vorkaufsrecht konsequent wahrnehmen“ fasste. Die Mieter initiierten weitere Aktionen, unter anderem Kiezspaziergänge, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Und vor einem Jahr war das Engagement der Mieter für die Kommunalisierung ihres Hauses dann sogar Stadtgespräch.
Weil keine Abwendungsvereinbarung mit der Käuferin zustande kam, nahm das Bezirksamt mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau Kontakt auf. Diese erklärte sich unter bestimmten Bedingungen bereit, das Haus im Sinne des Vorkaufsrechts zu erwerben. Mit der Zusage der Senatsfinanzverwaltung, den Kauf des Hauses zu bezuschussen und mit der Einwilligung der Mieterschaft, einer Mieterhöhung um einen Euro pro Quadratmeter zuzustimmen, erwarb sie das Haus. „Wir haben inzwischen alle einen Mietvertrag mit der Gesobau“, berichtet Lothar Gröschel. Diese verschaffte sich bereits einen Überblick über den Zustand der Wohnungen und des Hauses. Und erste notwendige Reparaturen seien bereits ausgeführt worden.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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