Vereinbarung unterzeichnet
Vorkaufsrecht fürs Tuntenhaus ausgeübt

Im Hinterhof des Hauses an der Kastanienallee 86 befinden sich die Wohnungen des Tuntenhauses. | Foto: Bernd Wähner
2Bilder
  • Im Hinterhof des Hauses an der Kastanienallee 86 befinden sich die Wohnungen des Tuntenhauses.
  • Foto: Bernd Wähner
  • hochgeladen von Bernd Wähner

Das Tuntenhaus an der Kastanienallee 86 ist gerettet. Das Bezirksamt konnte die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten Dritter erfolgreich zum Abschluss bringen.

Das Haus mit der bunt gestalteten Fassade sticht aus der inzwischen überwiegend sanierten Kastanienallee heraus. Während sich im Vorderhaus linksalternative Projekte befinden, gibt es seit vielen Jahren das Tuntenhaus im Hinterhof. Deren Keimzelle entstand Anfang der 1990er-Jahre an der Mainzer Straße. Dort besetzten Homosexuelle ein Haus. Nach dessen Räumung zogen etliche der Bewohner ins Hinterhaus an der Kastanienallee 86 um. Doch nun fürchteten sie um ihre Wohnungen. Das Haus sollte verkauft werden. Sanierungsarbeiten, Modernisierungen und damit verbundene Mietsteigerungen waren wohl abzusehen. Die hätte sich kaum einer der Bewohner leisten können.

Seit der geplante Verkauf im Februar dieses Jahres bekannt wurde, gab es zahlreiche Aktionen, um auf diese Situation aufmerksam zu machen. Auch von der Bezirks- und Landespolitik gab es Unterstützungsbekundungen für das Tuntenhaus. Immer wieder gab es auch die Forderung, dass der Bezirk das Vorkaufsrecht wahrnehmen soll. Doch das ist gar nicht so einfach. Das Haus befindet sich zwar im sozialen Erhaltungsgebiet „Teutoburger Platz“, aber bevor das Vorkaufsrecht wahrgenommen werden kann, muss das Bezirksamt dem Käufer eine Abwendungsvereinbarung anbieten. Darin verpflichten sich die Käufer von Immobilien zu Zugeständnissen, die den Verbleib der bisherigen Mieter in ihren Wohnungen ermöglichen. Dazu gehört auch die Verpflichtung, von Luxussanierungen abzusehen. Außerdem dürfen die Wohnungen für einen festgelegten Zeitraum nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. In Pankow war die Bereitschaft von Käufern, solch eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen, in den vergangenen Jahren vergleichsweise hoch.

Doch im Falle der Kastanienallee 86 ließ der vorgesehene Käufer die Frist verstreichen. Deshalb kann die Immobilie nun zum Marktwert im Rahmen des Vorkaufsrechts von Dritten erworben werden. Der Vorkauf erfolgt zugunsten der Stiftung Edith Maryon, deren Zweck es ist, Grundstücke der Spekulation zu entziehen und unter anderem gemeinschaftlichen Wohnprojekten zur Verfügung zu stellen, informiert das Bezirksamt. Die Stiftung ist nicht profitorientiert, sondern am langfristigen Erhalt preiswerter Wohnungen interessiert. Insgesamt 25 Wohnungen an der Kastanienallee 86 können damit gesichert werden.

Die Genossenschaft Selbstbau eG wird das Haus zuerst im Auftrag der Stiftung Edith Maryon sanieren. Zwischen den Bewohnern des Tuntenhauses und der Genossenschaft hat sich in den vergangen Wochen ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Nach Abschluss der Instandsetzungsmaßnahmen wird die Selbstbau eG das Haus als Erbbaurechtsnehmer übernehmen. Das Grundstück verbleibt im Eigentum der Stiftung.

Stadtentwicklungsstadtrat Cornelius Bechtler (Bündnis 90/Die Grünen) ist erleichtert: „Ich freue mich sehr, dass wir mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolgreich den Vorkauf der Kastanienallee 86 umsetzen und damit das Haus in verantwortungsvolle Hände weitergeben und bezahlbaren Wohnraum für alle Bewohner des Tuntenhauses sichern konnten.“ Berlin sei keine diskriminierungsfreie Stadt, so Bechtler weiter. „Queere Menschen sind eine besonders vulnerable soziale Gruppe. Daher ist es wichtig, Wohnprojekte wie das Tuntenhaus als Orte der Vielfalt zu erhalten. Hier besteht ein Raum, der den Bewohnern ermöglicht, frei nach ihren eigenen Vorstellungen zu leben. Ohne den Vorkauf wäre Pankow um eine Institution der Vielfalt ärmer.“

Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) kommentiert die Ausübung des Vorkaufs an der Kastanienallee 86: „Ich habe das Vorhaben des Bezirks Pankow, die letzte verbleibende Möglichkeit zur Ausübung des Vorkaufsrechts auszuschöpfen immer unterstützt. Meine Verwaltung hat im Vorfeld alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bezirk für das Wohnhaus an der Kastanienallee 86 das Vorkaufrecht ausüben kann. Neben dem Erhalt des seit Jahren bestehenden queeren Wohnprojektes Tuntenhaus und dem Schutz der Mieterinnen und Mieter ging es uns dabei auch um ein Zeichen, dass dem Land Berlin der Milieuschutz sehr wichtig ist.“

Im Hinterhof des Hauses an der Kastanienallee 86 befinden sich die Wohnungen des Tuntenhauses. | Foto: Bernd Wähner
Im Hinterhof des Hauses an der Kastanienallee 86 befinden sich die Wohnungen des Tuntenhauses. | Foto: Bernd Wähner
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

90 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 230× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 196× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 579× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.171× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.