„Empathie ist das Wichtigste!“
Ehrenamtliche von „Seniorpartner in School“ helfen seit 20 Jahren Schülern, gewaltfrei Konflikte zu lösen
Birgit Johannssen ist fast von Anfang an mit dabei. Seit 18 Jahren engagiert sich die 73-jährige Seniorin für den Verein „Seniorpartner in School“ (SiS), dessen Vorsitzende sie mittlerweile ist und der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert.
„Empathie ist das Wichtigste“ lautet ihre prägnante Antwort auf die Frage, was für die SiS-Mitarbeit gebraucht wird. Gemeint ist Einfühlungsvermögen für die Probleme und die Situation von Schülern. Denn die Idee der SiS-Gründerin Christiane Richter war, die Lebenserfahrung und Zeit von Senioren zu nutzen, um jungen Menschen in Schulen Ansprechpartner zu sein und zu helfen, Konflikte zu lösen und soziale Kompetenzen zu stärken.
Erreicht wird das unter anderem durch Mediationsgespräche, die die geschulten Ehrenamtlichen mit den Schülern führen – bei Bedarf ergänzt durch Einzelgespräche. „Es ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten“, meint Birgit Johannssen. Den Schülern werden im Sinne einer Hilfe zu Selbsthilfe Strategien vermittelt, ihre Konflikte gewaltfrei zu bewältigen, Eltern und Lehrer werden dabei entlastet und die Ehrenamtlichen selbst – meist Senioren über 55 Jahre – können auch nach ihrem Berufsleben ihre Lebenserfahrung sinnvoll in ein generationenübergreifendes Projekt einbringen.
Vielfältige Perspektiven
Dabei sei ein didaktischer Berufshintergrund keinesfalls Voraussetzung, so Birgit Johannssen, die selbst gelernte Verlagskauffrau ist. „Im Gegenteil, Menschen aus unterschiedlichen Berufen bringen vielfältige Perspektiven mit, die bei der Mediation helfen können.“ Sie selbst hatte 2001 zunächst mit ehrenamtlicher Hausaufgabenhilfe in der Spandauer Lynar-Grundschule begonnen. Zwei Jahre später kam sie zu SiS und arbeitet seitdem als Mediatorin in dieser Schule. Ein langjähriges Engagement, für das sie 2019 mit der Berliner Ehrennadel ausgezeichnet wurde.
Was hat sich in den vielen Jahren in ihrer Schule verändert? Für Birgit Johannssen überwiegen da eindeutig die positiven Aspekte. „Es ist multikultureller geworden und die körperliche Gewalt hat abgenommen. Die Kinder gehen insgesamt rücksichtsvoller miteinander um.“ Grund sei unter anderem die Vielfalt der Herkunftsländer und natürlich die Tätigkeit des SiS. Der zählt allein in Berlin mittlerweile 260 Mitglieder, davon sind rund 165 an 59 Schulen aktiv. Bundesweit engagieren sich momentan rund 1340 Mitglieder, die in 13 Landesverbänden organisiert sind.
Einerseits sei bei den Konflikten mit Verbreitung des Smartphones Cybermobbing ein neues Thema geworden, so Johannssen. Andererseits gebe es Probleme, die sich in den Jahren in ihrer Grundschule nie verändert hätten. „Bei den Mädchen sind es Beziehungsprobleme und Streitereien zwischen Freundinnen, wenn ein drittes Mädchen in die Clique kommt. Und bei den Jungen sind es Beleidigungen und handgreifliche Auseinandersetzungen.“ Besprochen werden solche Probleme mit zwei Mediatoren in einem eigenen Schulraum. Birgit Johannssen: „So wichtig wie unser offenes Ohr für die Schüler ist es, dass sie uns vertrauen und die Mediationen in einem für sie sicheren Umfeld stattfinden. Es gilt das Motto ‚Was im Mediationsraum besprochen wird, bleibt unter uns‘.“
Grundkurs beginnt am 8. Juni
Die Pandemie hat allerdings die praktische Arbeit des SiS stark eingeschränkt. Derzeit sind nur noch rund 40 Mitglieder in Schulen aktiv – abhängig von Schließungen, Auflagen und dem Stand der Impfungen. Derweil nutzt der Verein die Zeit zu Onlinekursen, bei denen Weiterbildung im Fokus steht. So beginnt ab 8. Juni ein Grundkurs „Schulmediation“, der bis Ende Juli zweimal wöchentlich online stattfindet. Im September ist ein weiterer Grundkurs als Präsenzveranstaltung geplant, sofern es die Pandemiesituation erlaubt. Die Kosten für die Arbeit des SiS werden hauptsächlich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge getragen. Darüber hinaus werden Kurse und die beiden hauptamtlichen Halbtagsstellen des SiS Berlin projektbezogen von den Senatsverwaltungen für „Seniorpartner in School“ Bildung, Jugend, Familie und Integration, Arbeit und Soziales finanziert.
Alle wichtigen Informationen zu „Seniorpartner in School Berlin“ finden sich im Internet auf seniorpartner-berlin.de.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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