Nachhaltig und gesund
Verein „Restlos glücklich“ setzt sich für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln ein
Zu klein, Schönheitsfehler, falsch etikettiert, Haltbarkeitsdatum abgelaufen: Es gibt viele Gründe, warum Lebensmittel, die nicht verdorben sind, im Müll landen. Das sind laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung in Deutschland jährlich knapp zwölf Millionen Tonnen, davon entfallen auf jeden Verbraucher 75 Kilo pro Jahr. Eine Riesenverschwendung, sagt auch der Verein „Restlos glücklich“ und engagiert sich seit Jahren für einen bewussten Konsum von Lebensmitteln.
Angefangen hat alles mit dem gleichnamigen Ladenlokal im Bezirk Neukölln, das Anette Keuchel und Leoni Beckmann nach einem dänischen Vorbild im Jahre 2015 gegründet haben. Ziel war es, den Menschen zu zeigen, dass man ein Restaurant mit hervorragender Küche nur mit übrig gebliebenen Lebensmitteln betreiben kann. Das Lokal, das ausschließlich vegetarische Gerichte zubereitete und 2016 mit dem Gastro-Gründerpreis ausgezeichnet wurde, gibt es zwar nicht mehr. Die Idee aber wird durch den Verein „Restlos glücklich“ weiter mit Leben gefüllt.
„Es ging weniger um den Restaurantbetrieb selbst, sondern darum, Überzeugungsarbeit zu leisten. Deshalb hat ‚Restlos glücklich‘ den Fokus immer mehr auf die didaktische Vermittlung von nachhaltigem Lebensmittelkonsum gelegt“, erklärt Hannah Legleitner, Geschäftsführerin des Vereins. Die studierte Kulturwissenschaftlerin hatte bereits Erfahrungen in gemeinnützigen Organisationen gesammelt und wollte verstärkt im Bildungsbereich tätig werden. Vor drei Jahren kam ihr insofern die Möglichkeit einer ehrenamtlichen Arbeit bei „Restlos glücklich“ genau richtig. Inzwischen ist sie eine von zwölf Hauptamtlichen im Team, das normalerweise von bis zu 30 Ehrenamtlichen, momentan allerdings pandemiebedingt von weitaus weniger Aktiven unterstützt wird.
Viele digitale Angebote
Der Verein betreibt Crowdfunding, baut Kooperationen auf, organisiert nachhaltige Kochkurse, entwickelt Bildungsprogramme für Schulen, Kitas und Unternehmen, bietet Workshops und Mitmach-Aktionen für Kinder und Erwachsene. 85 Prozent der Angebote sind für die Teilnehmer kostenlos, werden über Fördergelder, Spenden und die Bildungsarbeit des Vereins für Unternehmen finanziert. Die Lebensmittel stammen aus Fehl- und Überschussproduktionen diverser Unternehmen, aus Nachernten und vom Hauptkooperationspartner denn’s Biomarkt. Daran habe, so Legleitner, auch Corona nichts geändert – im Gegenteil: „Die Leute kaufen derzeit mehr haltbare Produkte. Übrig gebliebene frische Lebensmittel bekommen derweil sozusagen eine zweite Chance in unseren Kochkursen.“ Die finden in den Küchen von bis zu fünf kooperierenden Kiezquartieren statt, momentan in reduzierter Form. Legleitner: „Natürlich hat auch uns die Pandemie finanziell schwer getroffen, aber unser Team ist extrem motiviert und hat sehr flexibel reagiert. Wir sind inzwischen alle zu richtigen Digitalprofis geworden.“ Denn die Kochkurse finden jetzt online statt. In Videos auf der Internetseite werden nützliche Tipps rund um Lebensmittel gegeben und laufende Workshops begleitet.
Das sind zum Beispiel Weiterbildungsprojekte wie „School Lunch“ und „Bis auf den letzten Krümel“, die in Grundschulen und Kitas stattfinden, natürlich unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen. „Die Kurse werden nicht nur von den Kindern begeistert angenommen“, sagt Hannah Legleitner. „Oft hatten wir danach Anfragen von Eltern, die selbst einen solchen Workshop machen wollten.“
Und gibt es noch Pläne für das Jahresende und schon für 2021? Legleitner: „Da gibt es sehr viele Vorhaben. Zum Beispiel den Weihnachtsbollerwagen, mit dem wir am 18. Dezember vom Haus der Statistik aus durch Mitte ziehen. Es ist Teil des Projekts ‚Zusammen isst man im Mittelpunkt‘, das online bereits gestartet ist. Nach dem Muster von Gemeinschaftsküchen sollen Leute digital und nach dem Lockdown hoffentlich auch wieder vor Ort zusammenkommen und kochen – natürlich nachhaltig, klimafreundlich und gesund.“
Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.restlos-gluecklich.berlin. Da das komplette Online-Angebot des Vereins „Restlos glücklich“ derzeit nur über die Privatrechner der Mitglieder läuft, sind Spenden von Laptops willkommen.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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