Als die Bilder laufen lernten
Es ist oberflächlich betrachtet recht unscheinbar: das Mosaik in grau-weiß. Und doch pilgern immer wieder Touristen auf die kleine Verkehrsinsel Schönhauser, Ecke Kastanienallee, um den Atem der Geschichte zu spüren.
Wer dieses Mosaik genauer betrachtet, wird ein Filmband erkennen. Darauf steht der Name Skladanowsky. Grund für das Filmband sind Ereignisse im Haus an der Schönhauser Allee 146. Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert befand sich dort ein Fotogeschäft. Und unter dem Dach ein Fotoatelier.
Die Brüder Max (1863-1839) und Emil Skladanowsky (1866-1945) faszinierte der Ausblick aus den Fenstern. Sie experimentierten hier mit alten Kameras und drehten auf dem Dachboden einen kleinen Film, den ersten auf der Welt.
Max und Emil Skladanowsky experimentierten schon seit geraumer Zeit an einem Verfahren, um „die Bilder“ zum Laufen zu bringen. Sie nahmen sich Fotoapparate vor und bauten sie zu Filmkameras um. Bei den ersten Filmen vollführte Emil sportliche Übungen, und Max lichtete ihn dabei ab. Im Hintergrund ist ein Stück Prenzlauer Berg zu erkennen.
Gezeigt wurden die Filme zunächst in einem Pankower Kino an der heutigen Berliner Straße. Die Leute waren begeistert von den bewegten Bildern. Allerdings kam noch keiner auf den Gedanken, dass man diese Filmerei weiterentwickeln könnte. Die Skladanowskys waren anfangs nicht mehr und nicht weniger als eine Varieté-Attraktion.
Sie traten mit ihren Filmapparaten, die sie Bioskope nannten, schon bald im „Wintergarten“ auf und waren dort Stars. Die Brüder erkannten schon recht früh, was sie da entwickelt hatten. Sie wollten die Technik vervollkommnen. Doch Deutschland war noch nicht reif für den Film. Die Skladanowskys steckten selbst viel Kraft in die Entwicklung ihrer Filmapparate. Aber es fand sich trotz großer Anstrengungen keine Bank, die bereit war, zu investieren.
So zogen sich die Brüder Stück für Stück zurück. Statt ihrer übernahmen Franzosen die weitere Entwicklung des Filmwesens. Jahrzehntelang wurden den Skladanowskys und ihrer Erfindung in Prenzlauer Berg deshalb kaum Aufmerksamkeit geschenkt und die Geschichte geriet fast in Vergessenheit. Erst 1992, als sich die Erfindung des Films durch Max und Emil Skladanowsky zum 100. Mal jährte, rückten die Verdienste der beiden wieder in den Focus der Öffentlichkeit.
Den Mosaik-Filmstreifen vor dem Haus an der Schönhauer Allee 146 gibt es seit 1999. Entworfen wurde er vom Künstler Manfred Butzmann. Auf der Straßeninsel sollten eigentlich im Rahmen der damaligen Umgestaltung der Schönhauser Allee Blumenbeete angelegt werden. Doch das fanden die Behörden an dieser Stelle wenig sinnvoll. Die Senatsbauverwaltung stellte dem Bezirk deshalb 30 000 Mark zur Verfügung, damit hier Kunst im öffentlichen Raum präsentiert werden kann. Das etwa sieben Meter lange Mosaik gehört inzwischen so zur Straßeninsel, dass es hier Wohnende kaum noch wahrnehmen. Doch für Filmfans unter den Touristen ist es immer noch etwas Besonderes.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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