Berliner Prater wird restauriert und saniert
Arbeiten laufen nicht wie erwartet
Mit der Sanierung des Praters an der Kastanienallee geht es voran. Es gibt aber erhebliche Verzögerungen.
Dieses Fazit lässt sich nach einer Besichtigung durch Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) ziehen. Der Prater ist eine der ältesten noch erhaltenen Vergnügungs- und Erholungsstätten Berlins. Er ist ein Zeugnis der wachsenden Stadt des 19. Jahrhunderts. Seine Geschichte lässt sich bis auf das Jahr 1837 zurückverfolgen. Zu dieser Zeit befand sich an der Stelle ein Etablissement für vorbeifahrende Fuhrwerke. Da dieses auf einer Wiese (lat.: pratum) lag, wurde es von vielen schlicht „Prater“ genannt.
Auch als Johann Friedrich Adolph Kalbo im Jahre 1852 die ehemalige Fuhrmannsschenke erwirbt, liegt sie noch vor den Toren Berlins. Die Brüder Kalbo entwickelten den kleinen Bierausschank dann aber recht schnell zu einem der beliebtesten Biergärten. Seinerzeit trägt er den Namen „Café Chantant“. Ende des 19. Jahrhunderts wird die Gegend auch als Wohnstandort für viele attraktiv. Das Prater-Gelände ist schon bald von Wohnhäusern umgeben.
Der große Durchbruch für den Prater kam 1880. Das Café wird von Friedrich Schneider und Ernst Hillig gekauft. Die beiden machen daraus ein Vergnügungszentrum mit Bühne, Orchestersaal und Buffetgebäude. In den baupolizeilichen Akten für den Umbau ist der Gebäudekomplex auch erstmals offiziell als Prater bezeichnet worden. Der „Berliner Prater“ wurde vor allem für die weniger gut Betuchten zu einem Vergnügungsort, zu dem man mit „Kind und Kegel“ pilgerte. Während Vater und Mutter eine Molle zischten, vergnügten sich die Kinder im Pratergarten.
Operette und Tanzvergnügen
Um die Jahrhundertwende gibt es prall gefüllte Programme im Prater: Kino-Vorführungen, Varieté, Operettentheater und Tanzvergnügen. Um die Jahrhundertwende nutzen auch Rosa Luxemburg und August Bebel den Prater, um flammende Reden für ihre Ideen zu halten. In den 1960er-Jahren wurde der Prater dann zum Kreiskulturhaus von Prenzlauer Berg. Noch immer war er beliebte Vergnügungsstätte, es fanden Bälle und Musikveranstaltungen statt. Seit 1991 war der Prater dann aber vorübergehend geschlossen. Eine Sanierung des Haupthauses war geplant. Doch so richtig voran ging es damit nicht. Deshalb wurde 1995 eine ungewöhnliche Lösung gefunden. Die Volksbühne nutzte einige Jahre lang den Prater als Spielstätte.
Die nun laufende Sanierung des Praters wurde seit 2016 geplant, 2019 begannen die ersten Arbeiten. Alle Bauleistungen sind bereits vergeben und inzwischen zu 75 Prozent ausgeführt, war bei der Baustellenbesichtigung mit Sören Benn zu erfahren. 28 Firmen sind an der Sanierung momentan beteiligt. Seit 2020 ist allerdings ein erheblicher Verzug eingetreten. Gründe dafür waren coronabedingte Ausfälle von Mitarbeitern, rechtliche Auseinandersetzungen mit der Mieterin des Pratergartens, Lieferengpässe und inzwischen auch erhebliche Probleme aufgrund gestiegener Energiekosten. Deshalb ist ein gesicherter Fertigstellungstermin momentan noch nicht zu benennen, erfuhren die Teilnehmer der Baustellenbesichtigung. Angestrebt wird aber eine Fertigstellung zu Beginn des Jahres 2023.
Wertvolle Tordurchfahrt
Die Sanierung umfasst umfangreiche restauratorische Arbeiten im und am Gebäude. Dazu gehört auch die Tordurchfahrt, die eines der wenigen erhaltenen Beispiele einer beidseitig offenen, reich gestalteten Durchfahrt in Berlin aus dem ausgehenden 19.Jahrhundert ist. Neben der Farbgestaltung ist vor allem die nichttragende, abgehängte, hölzerne Gewölbekonstruktion eine Besonderheit. Die Konservierung, Rekonstruktion und Restaurierung von Putz, Stuck und Farbgestaltung von Tordurchfahrt, Foyer und Pratersaal, insbesondere der dekorativen Malerei, dient einer Wiedererlebbarkeit des bauzeitlichen Gesamtbildes, heißt es aus dem Bezirksamt.
Finanziert wird die Prater-Sanierung mit 7,34 Millionen Euro aus dem Förderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“, mit 3,63 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und durch Eigenmittel des Bezirkes in Höhe von 1,47 Millionen Euro. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligt sich finanziell mit 75 000 Euro an der Umsetzung restauratorischer Arbeiten in der Tordurchfahrt.
Die restauratorischen Arbeiten werden vom Restauratoren-Team Buch & Schudrowitz ausgeführt. Der Erhalt und die Sanierung der Gesamtanlage des Praters als öffentlicher Ort für Kunst, Kultur und Freizeit ist nicht nur für die Bewohner des Ortsteiles Prenzlauer Berg, sondern auch für alle Berliner wichtig. Der Prater besitze eine hohe soziale und kulturelle Ausstrahlung, erklärt Bürgermeister Sören Benn. Die Immobilie befindet sich im Übrigen im Eigentum des Bezirkes Pankow.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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