Stadtspaziergang
Auf Entdeckungstour rund um den „Mont Klamott“

Äußerlich  kam das Olympia ab 1924 fast unverändert durch,  nach fünf Jahren gab es Tonfilm, später  war hier  Nachkriegs  Premierenhaus, Anfang der Achtziger  Ausweichquartier des Deutschen Theaters,  es bekam so  Drehbühne , Garderoben, eine Parkettschräge, später  fünf Jahre gespenstische Leere , dann  fünf Yorck-Säle. | Foto: Bernd S. Meyer
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  • Äußerlich kam das Olympia ab 1924 fast unverändert durch, nach fünf Jahren gab es Tonfilm, später war hier Nachkriegs Premierenhaus, Anfang der Achtziger Ausweichquartier des Deutschen Theaters, es bekam so Drehbühne , Garderoben, eine Parkettschräge, später fünf Jahre gespenstische Leere , dann fünf Yorck-Säle.
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Zu meiner 228. Führung lade ich Sie ins Bötzowviertel ein, gleich neben dem ältesten Volkspark Berlins. Es ist gerade 100 Jahre her, dass die populärste Kunst des 20. Jahrhunderts, die Filmkunst, ihren Tempel auch am Friedrichshain bekam.

Das Kino hat bis heute überlebt. Der nahe Hain bekam vom Berliner Magistrat seinen Namen schon 1840, anlässlich des 100. Jahrestages der Krönung von König Friedrich II. Fertig war er erst Anfang 1848. Im Sommer, fünf Monate später, stand die eilig beschaffte Friedrich-Säule. Da gab es auf dem Lindenberg längst den Friedhof der Märzgefallenen, der Toten der Märzrevolution vom 18. März 1848, damit einen dauerhaften Gedenkort der Demokratie.

Auf den  Schulhinterhöfen folgt bei L. Hoffmann die Fester-Ordnung  streng dem dekorationsfreien „Evangelium der Rechtwinkligkeit“. Eine Zeitlang schmückten große farbige „Paradiesbilder“ von Schülern die alte Ziegelmauer. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Auf den Schulhinterhöfen folgt bei L. Hoffmann die Fester-Ordnung streng dem dekorationsfreien „Evangelium der Rechtwinkligkeit“. Eine Zeitlang schmückten große farbige „Paradiesbilder“ von Schülern die alte Ziegelmauer.
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Die Straße Am Friedrichshain liegt schon in Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg. Wer hier von unten, Ecke Bötzowstraße, über die markante Freitreppe zum Dreieck-Giebel des Filmtheaters hinaufblickt, denkt wohl kaum zuerst an einen Tempel nach antikem Vorbild. Es ist viel banaler, denn damals war die Biergarten-Schankhalle der vormaligen Actienbrauerei am Friedrichshain (zuerst Bairische Bierbrauerei Lipps) zum Filmpalast umgebaut worden.

Hofidylle an der Greifswalder. Erst als die nördliche Feldmark  vor den Stadttoren nach Berlin eingemeindet  worden war, durften hier erste Häuser gebaut werden. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Hofidylle an der Greifswalder. Erst als die nördliche Feldmark vor den Stadttoren nach Berlin eingemeindet worden war, durften hier erste Häuser gebaut werden.
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Der große Brauerei-Bierpalast nebenan hieß da schon „Saalbau Friedrichshain“, wurde an verschiedenste Nutzer vermietet, fiel zuletzt noch dem Krieg zum Opfer. Ein bescheidenerer Nachkriegsflachbau gleichen Namens auf den alten Fundamenten wurde ebenfalls populär, zuletzt abgerissen und das Areal neu bebaut.

Das einstige Katharinenstift, dessen Neugotik an die frühen Klöster der Mark erinnert, belebt nun die quicklebendige Gemeinde in portugiesischer Sprache. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Das einstige Katharinenstift, dessen Neugotik an die frühen Klöster der Mark erinnert, belebt nun die quicklebendige Gemeinde in portugiesischer Sprache.
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Ein riesiger Flakbunker ist Anfang der 1940er-Jahre von Albert Speers Generalbauinspektion – so wie anderswo – als „Typenbau“ mitten in den Hain gesetzt worden. Er wurde 1946 – wie dann auch andere in Berlin – auf alliierten Beschluss gesprengt. Spätere Nachkriegsfotos zeigen das kaputte Monstrum aus nacktem Beton, davor eine Schmalspurdampflok, die kleine Feldbahnloren hinter sich herzieht. So wurden damals Trümmermassen umliegender Stadtgegenden transportiert und zum „Mont Klamott“ aufgeschüttet. Wussten Sie, dass unter dem bepflanzten, längst bewaldeten friedlich aufragenden und 90 Meter hohen „Großen Trümmerberg“ immer noch die alte Bunkerruine versteckt ist?

Hier steppt nicht nur der Bär. Das Lyceums-Wappen  mit  Nixen gilt noch immer:  Dadaist Kurt Schwitter  ist Schul- Namensgeber.  Er hatte ein lustiges Nixen-Gedicht verfasst, posthum  nochmal  „Anna Blume“ für Prenzlauer Berg erfunden. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Hier steppt nicht nur der Bär. Das Lyceums-Wappen mit Nixen gilt noch immer: Dadaist Kurt Schwitter ist Schul- Namensgeber. Er hatte ein lustiges Nixen-Gedicht verfasst, posthum nochmal „Anna Blume“ für Prenzlauer Berg erfunden.
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Auf dem Gelände der alten Aktienbrauerei war in den späten 1930er-Jahren eine Wohnsiedlung und gleichzeitig ein Verwaltungsbau der Nazipartei entstanden, dessen Entwurf im direkten Auftrag von Goebbels die Berliner Architekten Walter und Johannes Krüger lieferten. Ihr größter Erfolg war schon in den 1920er-Jahren das im Auftrag des Reichspräsidenten Hindenburg entstandene „Tannenberg-Denkmal“ in Ostpreußen, ein achttürmiges riesiges Oktogon, das an die gewonnene Tannenberg-Schlacht von 1915 erinnern sollte. Das fast unbeschädigte NSDAP-Kreishaus hat nach 1945 wechselnde Nutzer gehabt, war aber immer ein Medienhaus.

Das Königstädtische Lyceum,  heute  Gesamtschule, gebaut um 1912  von Ludwig Hoffmann, Stadtbaurat für Hochbau, prunkt an der Fassade zur Greifswalder bis heute mit seinen zehn mächtigen Säulen ionischer Ordnung. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Das Königstädtische Lyceum, heute Gesamtschule, gebaut um 1912 von Ludwig Hoffmann, Stadtbaurat für Hochbau, prunkt an der Fassade zur Greifswalder bis heute mit seinen zehn mächtigen Säulen ionischer Ordnung.
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Noch tiefer im ausgedehnten Gebietsdreieck zwischen dem Hain und der Greifswalder Straße, der Magistrale nach Nordosten, wurde aus dem „Schweizergarten“, dem ebenfalls im vorletzten Jahrhundert angelegten zweiten großen Biergarten der Gegend, eine innerstädtische Townhaus-Siedlung. Die einstige kleinere Brauerei C. Schwarz aus den 1880er-Jahren, auch Schweizergarten-Brauerei genannt, ist samt Kellern und fast bis zum Dach erhalten.

Hier wurde über ein Jahrhundert  immer mal was neu errichtet... | Foto: Bernd S. Meyer
  • Hier wurde über ein Jahrhundert immer mal was neu errichtet...
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Noch ältere Baudenkmäler sind einige spätklassizistische Mietshäuser aus den 1860er-Jahren an der Greifswalder Straße. Damals, als das später „Prenzlauer Berg“ benannte Gebiet außerhalb der alten Akzisemauer wie Friedrichshain, Gesundbrunnen, Moabit, das spätere Kreuzberg und der Wedding schon nach Berlin eingemeindet worden war. Ein Fußgängerdurchgang zur Greifswalder Straße ist kein Geheimtipp, denn als der Bötzowviertel-Bürgerverein vor über 20 Jahren eine gutorganisierte Unterschriftensammlung zum Erhalt des alten Weges veranstaltete, ist der wieder ins allgemeine Bewusstsein der Gegend gerückt.

Das  alte Brauhaus C. Schneider ist  von den Tiefkellern bis oben  komplett erhalten - fast    bis zum alten Dachstuhl. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Das alte Brauhaus C. Schneider ist von den Tiefkellern bis oben komplett erhalten - fast bis zum alten Dachstuhl.
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Läuft man die leichte Hanglage hinab, kommt man an den Schulen vorbei, die um 1900 Ludwig Hoffmann, der damalige Stadtrat für Hochbau, hier errichten ließ. Heute sitzt an der Bötzow- wie an der Greifswalder Straße die staatliche Kurt-Schwitters-Europaschule mit portugiesisch-deutschem Unterricht. Auch auf einem benachbarten Hof ist das Portugiesische zu Hause. Das einstige Katharinenstift mit der katholischen Kirche Mater Dolorosa beherbergt die sehr lebendige portugiesisch sprechende Gemeinde.

Das einstige NSDAP- Kreishaus, ab 1939 von W. und J. Krüger.  1945-1955 Zeitungsredaktion „Tägliche Rundschau“, ab 1955 Verlag „Die Wirtschaft“, nach 1990 mit den Verlag für Bauwesen und dem für Technik in der Huss  Medien GmbH. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Das einstige NSDAP- Kreishaus, ab 1939 von W. und J. Krüger. 1945-1955 Zeitungsredaktion „Tägliche Rundschau“, ab 1955 Verlag „Die Wirtschaft“, nach 1990 mit den Verlag für Bauwesen und dem für Technik in der Huss Medien GmbH.
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Auf dieser Seite der Greifswalder gibt es noch mehr zu entdecken. Altes und Neues, auch weitere mehr oder weniger bekannte „Durchwegungen“. Es lohnt sich einen Blick über die Straßenbahnschienen auf die entfernte andere Straßenseite, zum Winsviertel zu werfen. In der Immanuelkirchstraße war einst mehrmals Franz Kafka aus Prag bei seiner damaligen Verlobten Felice Bauer zu Gast.

Im Jahre 1917 soll es zwischen Wins- und Bötzowviertel noch eine ganz andere Verbindung gegeben haben: Bei der erwähnten Unterschriftensammlung zur Rettung des Durchgangs bezeugten nämlich ältere Passantinnen, dass sie schon im Jahre 1917 diesen Weg benutzt hätten, nämlich von der 20, sogar 30 Jahre älteren Schule des vorherigen Berliner Hochbaustadtrats Hermann Blankenstein in der Heinersdorfer-, später Heinrich-Roller-Straße, zum Sportunterricht in die Gemeindeschule an der Bötzowstraße.

Der Stadtspaziergang startet am Sonnabend, 7. Dezember, um 11 Uhr. Treffpunkt ist die Ecke Am Friedrichshain und Bötzowstraße vorm Kino.

Die Führung am 7. Dezember ist für Leser der Berliner Woche und des Spandauer Volksblatts kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: Am Montag, 2. Dezember, in der Zeit von 10 bis 12 Uhr anrufen unter Tel. 887 27 73 07.

Die Tour wiederhole ich am Sonnabend, 14. Dezember, um 14 Uhr. Die Teilnahme kostet dann aber neun, ermäßigt sieben Euro. Telefonische Anmeldung dafür unter Tel. 442 32 31.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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