Ich zeige dir meine Stadt!
Ehrenamtliche von „Berlin Greeter“ führen Berlinbesucher durch ihren Kiez
„Wir sind keine Stadtführer und wollen den hiesigen Touristguides auch gar keine Konkurrenz machen“, erklärt Stefanie Jost. Die ehrenamtliche Organisatorin der „Berlin Greeter“ ist selbst beruflich seit Jahren in der Touristikbranche unterwegs und hatte mit ihrem ehemaligen Kollegen Philipp Wilimzig vor 13 Jahren vom Konzept der „Paris Greeter“ erfahren.
„Ein Reiseziel mit Einheimischen zu entdecken, so wie es in keinem Reiseführer steht, diese Möglichkeit gab es damals in Berlin nicht. Und so haben wir 2010 die ‚Berlin Greeter‘ gegründet.“ Zusammen mit dem Dritten im Bunde, Hans Strömsdörfer, und in Kooperation mit einer Studentin der Hochschule für Technik und Wirtschaft wurden Logo und Internetauftritt entwickelt und anschließend ein Netzwerk von Ehrenamtlichen aufgebaut, das interessierten Berlinbesuchern auf ganz individuelle Weise die Stadt zeigt. Entstanden ist die Idee bereits 1992, als die Amerikanerin Lynn Brooks ihre „Big Apple Greeters“ in New York City ins Leben rief. Sie wollte Austauschschülern ihr New York zeigen, die vielen unterschiedlichen Stadtteile, Menschen und Geschichten.
Weltweiter Siegeszug
Seitdem hat das Konzept einen weltweiten Siegeszug angetreten: Greeter sind mittlerweile in 38 Ländern aktiv, in Deutschland momentan in rund 15 Städten, Tendenz steigend. „Dabei gibt es je nach touristischer Attraktivität des Ortes durchaus Unterschiede“, weiß Stefanie Jost. „In manchen Städten stehen viele freiwillige Greeter bereit, allerdings halten sich die Anfragen in Grenzen. Bei uns in Berlin ist es genau andersherum.“ Nach der langen coronabedingten Auszeit ist die Zahl der „Berlin Greeter“ auf derzeit 30 angewachsen, die Anfragen stiegen in der Zeit stetig auf derzeit bis zu 50 monatlich an. „Davon können wir aktuell nur rund die Hälfte abdecken und suchen deshalb dringend weitere Helfer“, sagt Stefanie Jost.
Zwei Drittel der Greeter sind ältere Menschen, die meist schon im Ruhestand sind. Denn es sei bei den Spaziergängen eine gewisse Kontinuität und Zuverlässigkeit gefragt, so Jost. Zudem gebe es auch Termine an Werktagen, die für Studenten oder Berufstätige mitunter schwierig seien. Die Motivation der Freiwilligen liegt dabei auf der Hand: Sie sind von ihrem Kiez so fasziniert, dass sie diesen anderen nahebringen wollen. Dabei geht es ihnen auch und besonders darum, neue Menschen und damit oft andere Kulturen kennenzulernen. Auf der anderen Seite ist für die Berlinbesucher der Greeter selbst, seine Geschichten und seine Sicht auf die Stadt die eigentliche Sehenswürdigkeit. „Und bei den digital unterstützten Matching-Konstellationen spielen Altersunterschiede keine Rolle, ganz im Gegenteil“, erklärt Stefanie Jost. „Das macht den gegenseitigen Austausch und die gemeinsame Erfahrung der Stadt für alle Beteiligten nur noch spannender.“
Regelrechte Fangemeinde
Durchweg positive Rückmeldungen und steigende Nachfrage sowohl aus Deutschland als auch aus aller Welt deuten darauf hin, dass es inzwischen eine regelrechte Greeter-Fangemeinde gibt. Die weiß es zu schätzen, eine Stadt durch die Augen eines Einheimischen zu sehen und zu entdecken. „Denn wir vermitteln eben keine normalen Stadtführungen, sondern Begegnungen mit Menschen und mit ihren Geschichten über die Stadt“, so Jost.
Berlinbesucher – maximal sechs pro Spaziergang – sollten Ihre Anfrage nach einem kostenlosen Greet mindestens drei Wochen im Voraus auf berlin-greeter.org stellen. Wer selbst als Greeter aktiv werden möchte, kann dies ebenfalls über die Internetseite in einem Formular beantragen. Dort kann man seine Kontaktdaten hinterlegen und terminliche Verfügbarkeiten, Interessen, Vorlieben für Orte oder Unternehmungen angeben. Auch die Termine für regelmäßig stattfindende Informationsabende werden auf der Internetseite, aber auch über den Instagramkanal @berlingreeter bekannt gegeben.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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