"Kinorebellen" geben nicht auf
Eine Genossenschaft will das Colosseum jetzt retten
Eine Genossenschaft will das Kino Colosseum retten. Ehemalige Kinomitarbeiter haben sie gegründet. Ziel der selbst ernannten „Kinorebellen“ ist es, das seit März 2020 geschlossene Traditionskino als Kino- und Kulturstandort zu erhalten.
Es hat einen Weltkrieg und die DDR „überlebt“. Doch dann kam Corona und auch das Colosseum musste schließen. Das war Mitte März 2020. Seitdem hat das Kino nicht mehr geöffnet. Die Mitarbeiter sind entlassen, die Filmplakate abgehängt, die Säle verwaist. Die Hamburger Immobilienfirma „Values Real Estate“, die das Traditionskino im Gleimviertel von den Erben des Filmproduzenten Artur Brauner kaufen will, will es zu einem Büro- und Kulturkomplex umbauen. Einen Bauvorantrag hatte das Bezirksamt wie berichtet schon genehmigt.
Doch die Initiative „Rettet das Colosseum“ aus Ex-Kinomitarbeitern gibt nicht auf. Sie will den Bürokomplex verhindern und hat darum eine Kulturgenossenschaft gegründet. Die „UnserKino e.G.“ will das Colosseum pachten und als Kino- und Kulturstandort weiterbetreiben. Zehn ehrenamtliche Mitglieder zählt die Genossenschaft bisher. Dazu gehören Michael Rieck, ehemaliges Kino-Betriebsratsmitglied und im Vorstand des Vereins „Rettet das Colosseum“, SPD-Politikerin Linda Vierecke und Angelika Noss, frühere Verbandsdirektorin beim Prüfungsverband der kleinen und mittelständischen Genossenschaften. „Wir sind jetzt keine Interessengemeinschaft mehr, sondern eine juristische Person, die ernst genommen werden muss“, sagte Noss bei der Vorstellung der Genossenschaft vor dem Kino. Mitglied kann dort jeder werden, und einen oder mehrere Genossenschaftsanteile von je 150 Euro erwerben. „Unser Ziel sind im ersten Schritt mindestens 5000 Anteilsnehmer“, so Linda Vierecke. „Damit wir hier an diesem Ort wieder einen Kulturstandort schaffen.“ Mit dem Geld will die Genossenschaft anfangs die Mitarbeiter bezahlen, Filme einkaufen, Pacht, Versicherungen, Strom und Gastronomie bezahlen. Doch dauerhaft braucht es mehr als nur ein kleines Budget. „Ohne Geld ist es illusorisch, hier weiterzumachen“, sagte Michael Rieck. Darum hoffen die „Kinorebellen“ auf möglichst viele Unterstützer für ihr Konzept.
Theater, Musik und Lesungen
abseits der klassischen Kinozeiten
Und das sieht so aus. Im Colosseum sollen künftig mehr Originalfassungen laufen. Dazu ist ein Mix aus Arthouse und Mainstream im Programm geplant. Auch Themenabende und Themenwochen soll es geben. „Dazu laden wir Schauspieler und Regisseure ein“, erläuterte Michael Rieck. Außerdem wolle man nicht mehr nur auf die klassischen Kinozeiten setzen, sondern auch Vormittagsveranstaltungen anbieten – für Theater, Musik, Lesungen, Comedy oder Kabarett. Zwei der zehn Kinosäle sollen für dieses Kulturprogramm genutzt werden. Jüngeres Publikum wollen die Macher aus der Gaming-Szene anziehen. Das große Kinofoyer soll als künftiger Begegnungsort mit Gastronomie mehr Sitzecken bekommen. Laut Rieck wäre die Berlinale-Leitung bereit, das Colosseum als Festival-Standort mitzunutzen. „Auch das Kino in der Kulturbrauerei würde hier schon ab November Filme zeigen wollen.“
Damit das Kino erhalten bleibt, hofft die Genossenschaft auf einen Ankauf des Gebäudes von der Stadt, die die Genossenschaft dann als Betreiber einsetzt. Doch es sieht nicht danach aus, dass der Senat Interesse an einem Kauf hat. „Soweit wir wissen, liegt unser BVV-Antrag dazu immer noch ungeprüft bei der Senatswirtschaftsverwaltung“, informierte die SPD-Bezirksverordnete Stephanie Wölk. Sollte das Kino doch an den privaten Hamburger Investor verkauft werden, will man laut Michael Rieck weiter Druck machen. Direkte Gespräche mit der Erbengemeinschaft Brauner hat es laut Genossenschaft bisher nicht gegeben. „Wir haben uns gerade erst gegründet, am Sonntagabend vor dem ,Tatort'“, sagte Angelika Noss. „Lassen Sie uns noch etwas Zeit.“
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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