Vom ruinösen Areal zum Veranstaltungsort
Zeitreise durch die Geschichte der Kulturbrauerei
„Kulturbrauerei – 1991 bis heute“ ist der Titel eines neuen Buches, das einen tieferen Einblick in die Entwicklung und die aktuelle Situation auf dem ehemaligen Brauereigelände an der Schönhauser Allee 36 gibt.
„Die Idee zu diesem Buch entstand vor vier Jahren“, erinnert sich Sören Birke. Er ist Geschäftsführer der Consense Gesellschaft zur Förderung von Kultur mbH, die auf dem Gelände mehrere Veranstaltungsorte betreibt. Gemeinsam mit seinem Kollegen Johannes Martin, der Werbegemeinschaft der Kulturbrauerei und Jacek Slaski von der Tip Berlin Media Group ist er auch Herausgeber des neuen, 240 Seiten starken Buches.
Es dauerte seine Zeit, ehe aus der Idee Wirklichkeit werden konnte. Geschichte und Geschichten musste recherchiert, Akteure aus den ersten Jahren, die nicht mehr auf dem Gelände der Kulturbrauerei tätig sind, mussten als Gesprächspartner ausfindig gemacht werden. Es waren alte Fotos aufzutreiben und neue aufzunehmen. Und letztlich waren die Texte zu schreiben, ein ansprechendes Layout zu entwickeln und alles in einem Sonderformat auf Naturpapier mit Softcover zu drucken. Entstanden ist ein Buch, das selbst ein kleines Kunstwerk ist, nicht zuletzt wegen des dem Buch beiliegenden Plakats von Jim Avignon.
Im Buch findet sich eine dreiteilige Struktur. Zunächst erfahren die Leser mehr über die Geschichte dieses Standortes. An diesem wurde über Jahrzehnte zunächst Bier gebraut, nach Beendigung der Bierproduktion diente er unter anderem als Möbellager. In einem zweiten Teil wird das Geschehen Anfang der 1990er Jahre beleuchtet, als sich die Kulturbrauerei so zu entwickeln begann, wie man sie heute kennt. Schließlich wird in Fünf-Jahres-Schritten die Entwicklung dieses Kulturstandortes bis heute resümiert.
Mehr als 2000 Veranstaltungen im Jahr
Dass es auf diesem früheren Brauerei-Areal einmal etwa 2000 Veranstaltungen im Jahr mit etwa zwei Millionen Besuchern geben würde, hätte Anfang der 1990er Jahre wohl kaum jemand geahnt. Zu verdanken ist die Initialzündung für diese Entwicklung dem Architekten Stefan Weiß. „Ich erinnere mich daran, dass ich als Schüler hier Möbel von einer Stelle zur anderen schleppen musste, wenn es in einem der Lager mal wieder irgendwo durchregnete“, sagt er zur Buchpräsentation. Als er einige Jahre später, 1986 erstmals wieder über das ruinöse Gelände lief, kam ihm die Idee, dort einen Kulturstandort zu entwickeln.
Stefan Weiß schrieb ein Konzept dafür. Mit diesem sprach er bei den damaligen Entscheidern in Ost-Berlin vor. Er bekam viel Zustimmung. Aber man teilte ihm mit, dass man sich aus finanziellen Gründen einen Umbau nicht leisten könne. So landete sein Konzept zunächst in der Schublade. Nach der Wiedervereinigung der Stadt sprach der Architekt mit seinem Konzept in der Tasche bei West-Berliner Kultureinrichtungen vor, hoffte auf Partner für die Umsetzung seiner Idee. „Ich bekam zwar Beifall und Schulterklopfen, aber keiner wollte mitmachen“, erinnert er sich.
Direkter Draht zu Entscheidern
Dann bekam er den Tipp, einen Verein zu gründen, der den Umbau zu einem Ort der Kultur vorantreibt. Weiß gesteht, dass er zunächst mit der Vereinsgründung nichts am Hut haben wollte. Doch letztlich rang er sich 1991 doch dazu durch. Und das war der Anfang des Projektes Kulturbrauerei. Der Initiator gibt zu, dass die Kulturbrauerei wohl nicht das geworden wäre, was sie heute ist, wenn der Verein nicht hartnäckig am Ball geblieben wäre und vor allem, wenn man nicht Partner in der Politik, bei der damaligen Treuhandliegenschaftsgesellschaft und in den Verwaltungen gefunden hätte. „Wichtig war, dass wir immer einen direkten Draht zu den Entscheidern hatten und dass die alle mitzogen.“
Heute ist die Kulturbrauerei ein Ort, der weit über die Kiez- und die Stadtgrenze hinaus bekannt ist. Dort können Besucher Kultur auf unterschiedliche Weise erleben: Musik, Literatur, Theater, Kunst und Film. Außerdem zogen im Laufe der Jahre diverse Dienstleiter auf das 25 000 Quadratmeter große Areal. So entstand eine solide Mischung aus Kultur und Wirtschaft. Damit diese Mischung auch weiterhin erhalten bleiben kann, hat die Bezirkspolitik einen Bebauungsplan angeschoben. In diesem soll vor allem die kulturelle Nutzung auf dem Areal festgeschrieben werden, berichtet Sören Birke.
Das neue Buch „Kulturbrauerei – 1991 bis heute“ ist für 30 Euro in ausgewählten Buchhandlungen im Kiez erhältlich. Weitere Informationen: www.tip-berlin.de/kultur/buecher/kulturbrauerei-1991-bis-heute-buch.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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