Rudolf Mosse – Verleger und Mäzen
Anwohner geben anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Straße ihren Namen zurück

Katja Haese von der Initiative „Mosse erinnern!“ überklebte, unterstützt von Holger Siemann und Henning Erdmann, symbolisch das Straßenschild der Eberswalder mit dem Schriftzug Rudolf-Mosse-Straße. | Foto: Bernd Wähner
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Unter dem Motto „Mosse erinnern“ gaben kürzlich Anwohner symbolisch dem Straßenabschnitt zwischen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und Eberswalder Straße seinen früheren Namen zurück.

Vor 100 Jahren trug diese, seinerzeit noch viel längere Straße, schon einmal den Namen Rudolf Mosse (1843-1920). Dieser war nicht nur ein erfolgreicher Verleger, sondern auch ein großzügiger Stifter und Mäzen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist auch einer seiner Spenden die Umgestaltung des ehemaligen Exerzierplatzes an der einsamen Pappel in einen multifunktionalen Sportpark zu verdanken, aus dem sich später der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark entwickelte. Um sein Engagement zu würdigen, beschloss der Berliner Magistrat 1913 und nochmals 1915 die Straße durch den früheren Exer nach Rudolf Mosse zu benennen. Und das geschah vor 100 Jahren. „Die pazifistische, dezidiert republikanische und liberale Haltung Rudolf Mosses erklärt den Widerstand kaiserlich-militärischer Kreise und die sieben Jahre, die es dauerte, bis die Benennung vor 100 Jahren stattfand“, sagt der Historiker Stephan Müller.

Mosses Nachfolger in der Leitung des Konzerns gehörten zu den vehementesten Verteidigern der Weimarer Republik und Feinden der aufsteigenden nationalsozialistischen Bewegung. 1933 wurde der Mosse-Konzern als erstes jüdisches Unternehmen enteignet und „arisiert“. Und 1935 entfernten die Nazis auch den Straßennamen. Die Rudolf-Mosse-Straße wurde in „Verlängerte Sonnenburger“ umbenannt.

Nach 1945 verschwand die Straße unter Trümmerschutt. 1950 wurde im Zuge der Umgestaltung der Fläche für die Weltfestspiele der Jugend die Straße offiziell aufgehoben. Während heute der Name des Sportparks an Friedrich Ludwig Jahn und die benachbarte Sporthalle an Max Schmeling erinnert, weist in dieser Gegend nichts auf Rudolf Mosse und seine Verdienste um den Berliner Sport und die Jugendwohlfahrt hin. Viele Anwohner wissen gar nicht, dass es in ihrer Nachbarschaft einst eine Rudolf-Mosse-Straße gab.

Auf diesen Sachverhalt wurde der Schriftsteller Holger Siemann bei Recherchen zu einem Buch zufällig aufmerksam. Er meinte, dass Rudolf Mosse und sein Engagement wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit gehören. Gemeinsam mit anderen Kiezbewohnern sowie dem Verein Gesellschaftsspiele und dem Fanprojekt der Sportjugend Berlin gründete er die Initiative „Mosse erinnern!“. Zum 100. Jahrestag der Straßenbenennung nahmen sie nun eine symbolische Wiederbenennung der Straße vor. Außerdem stellten sie ihr gerade fertiggestelltes Mosse-Magazin vor, das nach und nach im Kiez und bei Veranstaltungen verteilt wird.

Ursprünglich sollte in diesem Monat auch eine Ausstellung auf zehn Litfaßsäulen eröffnet und ein Jugendfußballturnier um den Mosse-Pokal ausgespielt werden, berichtet Stephan Müller. „Wegen Corona ist die Eröffnung der Ausstellung nun auf den 8. September verschoben und das Turnier findet am 23. September statt. An den Tagen dazwischen werden Vorträge und Stadtführungen angeboten.“

Weitere Informationen gibt es auf www.mossestrasse.de. Die Seite wird Ende Juni umgestaltet und dann auch über die Mosse-Topografie in der Stadt informieren.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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