Robert-Havemann-Gesellschaft: Archiv hofft auf Regelfinanzierung
Prenzlauer Berg. Die Robert-Havemann-Gesellschaft (RHG) kann auf ein Vierteljahrhundert zurückschauen. Gegründet wurde sie nach der deutschen Vereinigung. Heute zählt sie national wie international zu den anerkanntesten Institutionen, die die Geschichte von Opposition und Widerstand gegen kommunistische Diktaturen vermitteln.
Basis für die vielfältige Arbeit der RHG ist das Archiv der DDR-Opposition an der Schliemannstraße 23. Das Archiv, das seit 23 Jahren von der RHG betrieben wird, enthält heute eine der weltweit größten und bedeutendsten Sammlungen an Zeugnissen zu Opposition und Widerstand in der DDR. Zum Bestand des Archivs gehören über fünfhundert laufende Meter Schriftgut, mehr als 180 000 Fotos, 1600 Plakate, rund 500 Objekte und zahlreiche einmalige Film- und Tondokumente.
Jährlich gehen bis zu 800 Nutzeranfragen aus dem In- und Ausland im Archiv ein. Ohne das außerordentliche Engagement der Mitarbeiter sowie die jahrelange Projektförderung durch den Berliner Landesbeauftragen für die Stasi-Unterlagen und die Bundesstiftung Aufarbeitung wäre diese Arbeit nicht möglich, erklärt der Geschäftsführer der RHG, Dr. Olaf Weißbach.
Doch seit Beginn dieses Jahres muss man in der RHG sehr genau rechnen. Statt der beantragten 150 000 Euro gibt es von der Bundesstiftung Aufarbeitung 100 000 Euro. Das ist zwar genauso viel wie im vergangenen Jahr. Aber in diesem Jahr fallen andere Fördermittel, die noch 2015 zur Verfügung standen, weg. Deshalb hofft die RHG seit vielen Jahren, dass sie endlich eine institutionelle Förderung erhält.
Damit könnten das Archiv und die Projektarbeit der RHG langfristig gesichert werden. Zwar vereinbarten Bundes-CDU, -CSU und -SPD im Dezember 2013 in ihrem Koalitionsvertrag eine dauerhafte Lösung zur Archivsicherung. Doch noch hat sich nichts getan. Ein Archiv, das auf Dauer angelegt ist und zukünftigen Generationen zur Verfügung stehen soll, kann nach Auffassung der RHG nicht auf Dauer nur von einer Projektförderung abhängig sein.
„Wir sind froh, dass wir im vergangenen Jahr wichtige Maßnahmen zur Sicherung unseres Bestands durchführen konnten. Doch solange die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, nämlich die dauerhafte Sicherung des Archivs, nicht umgesetzt wird, ändert sich an der prekären Lage unseres Archivs rein gar nichts“, erläutert der Geschäftsführer Olaf Weißbach. „Für die Sicherung und Erweiterung der Bestände sowie für die Aufrechterhaltung hochwertiger Dienstleitungen bedarf es dringend einer verlässlichen Regelfinanzierung, das heißt einer institutionellen Förderung.“
Mit publikumswirksamen Großprojekten hat sich die RHG indes über die Grenzen Berlins hinaus einen Namen gemacht. Beispiele dafür sind die temporäre Ausstellung zur Friedlichen Revolution, die 2009/10 auf dem Alexanderplatz gezeigt wurde. Dazu gehört auch das Projekt der Revolutionsstelen, die 18 wichtige Orte der Friedlichen Revolution in Berlin markieren. Nicht zu vergessen ist das Projekt Lichtergrenze anlässlich des Jahrestages 25 Jahre Mauerfall. Es wurde von der RHG initiiert und inhaltlich mit der Ausstellung „100 Mauergeschichten“ begleitet.
Mit diesen Projekten wurden Millionen von Besucher in die deutsche Hauptstadt gezogen, und sie wurden weltweit begeistert aufgenommen. Aber auch mit Hunderten von kleineren Ausstellungen, mit thematischen Veranstaltungen, Publikationen und Bildungsprojekten hat sich die RHG große Anerkennung in Politik, Wissenschaft und der breiten Öffentlichkeit erworben. Zukünftig will die RHG auf dem Gelände der früheren Stasi-Zentrale in Lichtenberg über Widerstand und Opposition aufklären. Doch noch ist auch dafür die Finanzierung nicht sicher. BW
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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