Literaturverein SchreibArt baute Archiv auf
Er betreibt nämlich das "Archiv schreibender ArbeiterInnen". Als die DDR zusammenbrach und Anfang der 90er-Jahre immer mehr große Kombinate schlossen, hatten drei Wissenschaftlerinnen die Idee, dieses Archiv aufzubauen. Sie reisten durch die neuen Bundesländer und versuchten, an die Archive der einzelnen Zirkel schreibender Arbeiter heranzukommen. Schätzungen gehen davon aus, dass über das ganze Land verstreut etwa 300 Zirkel existierten. In vielen verfassten die Mitglieder literarische Kostbarkeiten, die nicht verloren gehen sollten."Anfangs wurde diese Arbeit öffentlich gefördert. Als klar war, dass es keine Förderung mehr gibt, entschlossen sich die Wissenschaftlerinnen sowie immer noch aktive Freizeitautoren, den Verein SchreiArt zu gründen", sagt Jürgen Kögel, der Vorsitzende des Vereins. Dessen Ziel war zunächst, vor allem den Fortbestand des Archivs zu sichern. "Im Laufe der Jahre mussten wir mit dem Archiv mehrfach umziehen", so Kögel. Heute befindet es sich in der Gehringstraße 39. Gepflegt und weiter ausgebaut wird es ehrenamtlich von zwei Frauen. Im Archiv befinden sich Originaltexte, Brigadetagebücher, Chroniken, Anthologien und vieles mehr aus den Zirkeln schreibender Arbeiter.
Dieses Archiv ist aber nur ein Schwerpunkt des Vereinslebens. "Den zweiten bilden die monatlichen Schreibwerkstätten. Zu diesen kommen wir an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 18.30 Uhr in der Begegnungsstätte in der Paul-Robeson-Straße 15 zusammen. Jedes Treffen wird durch einen in lockerer Form dargebrachten theoretischen Teil eingeleitet." Mal geht es um Metrik, mal um den Aufbau einer Kurzgeschichten oder den Spannungsbogen in Romanen. Danach hat jeder Gelegenheit, eigene Texte vorzutragen. Dann wird über das Gehörte diskurtiert. Mit seiner Werkstatt gehört der Verein zum Programm der Pankower Volkshochschule.
Aber es gibt auch "Lesepodien". Sie werden von Jörg Erdmann organisiert und finden ebenfalls unter dem Dach der VHS in der Bizetstraße 41 statt. "Mit den Podien begannen wir 1998", so Kögel. "Unser Ziel war es von Anfang an, jungen und Freizeitautoren eine Möglichkeit zu geben, ihre Texte vor Publikum zu lesen. Inzwischen haben sich über 40 Autoren daran beteiligt."
Wie gut diese Texte sind, davon kann man sich in der Anthologie "Im Kreis, der Leben heißt" überzeugen. Hier präsentieren Autoren der Schreibwerkstatt Lyrik und Prosa. In der Anthologie finden sich natürlich auch Texte von Jürgen Kögel. Der Cellist schreibt selbst seit gut 40 Jahren in seiner Freizeit. "Mein Zirkel traf sich viele Jahre im früheren Haus der DSF am Festungsgraben", erzählt der 75-Jährige. "Als das dort nicht mehr ging, bot uns das Team des Archivs schreibender ArbeiterInnen an, unsere Treffen bei ihm durchzuführen. So kamen wir auch enger in Kontakt." Seit zehn Jahren ist Kögel inzwischen Vorsitzender des Literaturvereins SchreibArt. Im Frühjahr wird er diese ehrenamtliche Aufgabe allerdings an Jörg Erdmann abgeben.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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