Telefonseelsorge wurde vor 25 Jahren gegründet
2012 waren es rund 23 000 Anrufer. "Es sind meist existenzielle Probleme", sagt Uwe Müller, der Leiter der KTS Berlin. "Häufig geht es da um Verluste - eines geliebten Menschen, des Arbeitsplatzes, der Gesundheit oder auch des Hauses oder des Ersparten." Ein Teil der Anrufer sucht bei der KTS auch einfach einen objektiven Gesprächspartner, der einen völlig unabhängigen Blick auf die Situation wirft und dann vielleicht einen Ansatz zur Lösung des Problems vorschlagen kann.
So unterschiedlich wie die Themen ist auch die Zusammensetzung der Berater. Zurzeit sind es 140 Ehrenamtliche. Sie sind zwischen 25 und über 60 Jahre alt und kommen aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen. "Wichtig ist uns, dass unsere Berater das Herz am rechten Fleck haben", erklärt Uwe Müller. Außerdem müssen sie sich gut artikulieren können. Die meisten Anrufer können leider nicht am Telefon ausdrücken, wie es ihnen wirklich geht. Da müssen sich die Berater einfühlen und auch bei der Wortwahl und beim Sortieren der Gefühle behilflich sein. Vorbereitet werden die ehrenamtlichen Berater auf ihre Aufgabe in einer intensiven Schulung.
Mitte der 80er-Jahre taten sich Diakonie, Caritas und Freikirchen im Osten Berlins zusammen und richteten eine kirchliche Telefonseelsorge ein. Die DDR-Staatsmacht stellte sich zunächst quer. Man wollte weder Räume noch einen Telefonanschluss zur Verfügung stellen. Aber die Kirchen wurden rasch fündig. In der Friedrichstadtkirche gab es einen Raum mit Telefonanschluss. Der Start des Berliner Seelsorgetelefons Ende 1988 wurde in Kirchenzeitungen angekündigt.
"Der Sekt, mit dem wir nach dem ersten Anrufer anstoßen wollten, war schon kalt gestellt", erinnert sich Uwe Müller. Doch dann kam alles anders. Der Sekt blieb vorerst im Kühlschrank. Gleich der erste Anrufer war ein suizidgefährdeter Mann aus Thüringen. Für Berlin hatte man zwar ein Kriseninterventionsteam mit medizinischer Grundausbildung bereitstehen, "aber dass jemand aus Thüringen anruft, überraschte uns völlig. Wir merkten erst da, dass wir aus der gesamten DDR zu erreichen sind und jeder an die Nummer kam. Wir mussten uns völlig anders vorbereiten." Natürlich hatte auch die Stasi ein Auge auf die KTS. Müller: "Man vermutete, dass bei uns auch eine Ausreiseberatung stattfindet. Deshalb zapfte man unsere Leitung an." Schon bald verlor die Stasi dann aber das Interesse. "Die bekamen mit, mit welchen Problemen sich die Menschen an uns wandten."
Nach der Wende wurde die KTS gesamtdeutsch. "Wir wurden plötzlich mit Problemen konfrontiert, die wir aus der DDR nicht kannten", sagt Müller. Da riefen zum Beispiel Frauen aus Westberlin an, die sich beklagten, dass sie wegen finanzieller Probleme eines von ihren beiden Autos verkaufen mussten, womit sie einfach nicht klarkamen. Im Osten spielte hingegen Arbeitslosigkeit eine große Rolle. In den vergangenen 25 Jahren wurden 500 Ehrenamtliche für die KTS ausgebildet. Diese sorgen dafür, dass das Seelsorgetelefon rund um die Uhr besetzt ist. Damit das auch in Zukunft so bleibt, sind Mitstreiter stets willkommen.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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