Zeitschrift berichtete 20 Jahre über Sanierungsgebiete
Anfang der 90er-Jahre verkündete der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD): "Prenzlauer Berg wird Europas größtes Sanierungsgebiet." Und so kam es dann auch. Stadtplaner untersuchten die marode Bausubstanz und Infrastruktur in den Altbaugebieten des Bezirks Prenzlauer Berg. Sie stellten einen erheblichen Erneuerungsbedarf fest. Der Senat entschied daraufhin, sukzessive fünf Kieze zu Sanierungsgebieten zu erklären. Für Sanierungsgebiete gesetzlich vorgeschrieben ist eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit. Der damalige Prenzlberger Baustadtrat Matthias Klipp (Bündnis 90/Die Grünen) entschied: Diese Öffentlichkeitsarbeit soll in starkem Maße über eine "Zeitschrift für Stadterneuerung" erfolgen. Von Anfang an war klar: Es soll kein Amtsblatt des Bezirksamtes werden. Diese Zeitschrift sollte auch kritisch über Entwicklungen berichten. Deshalb übernahm die Mieterberatung Prenzlauer Berg die Herausgeberschaft.
Anfangs ein ABM-Projekt
"Wir begannen zunächst als ABM-Projekt", erinnert sich Hartmut Seefeld. Der Redakteur brachte die Zeitschrift in den vergangenen beiden Jahren als Einzelkämpfer heraus. "Gemeinsam mit Albrecht Molle und Judith Mros konzipierte ich vor 20 Jahren ein Heft mit 16 Seiten. Wir berichteten in erster Linie über die Sanierungspolitik."
1995 ging Judith Mros in den Ruhestand. Die beiden anderen Journalisten erhielten seitdem jeweils Jahresverträge für die Fortführung des Projektes. Albrecht Molle blieb bis 2010 an Bord, ehe auch er sich in den Ruhestand verabschiedete.
Von Anfang an hatte "Vor Ort" viel Informations- und Aufklärungsarbeit zu leisten. Unter anderem wurde in den jeweils zehn Ausgaben im Jahr über Schutzmechanismen für Mieter in den Sanierungsgebieten informiert.
Es gab Berichte über Bauprojekte, die von allgemeinem Interesse waren. Die Betroffenenvertretungen einzelner Sanierungsgebiete konnten sich in der Zeitschrift zu Wort melden. Es wurde aber auch immer wieder über Vorhaben, Projekte, Eigentümer und Vermieter berichtet, bei denen etwas schief lief. Nach der Bezirksfusion 2001 erweiterte "Vor Ort" seinen Radius. Die Sanierungsgebiete Wollankstraße in Pankow und Komponistenviertel in Weißensee kamen als Verbreitungsgebiete hinzu.
Bis zu 24 000 Exemplare
"In unseren Spitzenzeiten hatten wir 20 Seiten und eine Auflage von 24 000 Exemplaren", berichtet Seefeld. Finanziert wurde alles mit Mitteln, die der Senat für die Öffentlichkeitsarbeit in den einzelnen Sanierungsgebieten zur Verfügung stellte.
Seit drei Jahren erlässt der Senat nun nach und nach sogenannte "Aufhebungsverordnungen" für die Sanierungsgebiete im Bezirk Pankow. Die meisten Sanierungsziele sind nun erreicht. Deshalb fließen keine öffentlichen Förderungen mehr. Heute gibt es von den einst sieben Sanierungsgebieten im Bezirk nur noch zwei: das Quartier um den Helmholtzplatz und das um den Teutoburger Platz. Für beide soll in absehbarer Zeit ebenfalls eine "Aufhebungsverordnung" erlassen werden.
Weil sich für zwei Gebiete keine Informationszeitschrift lohnt und auch die Finanzierung nicht mehr ausreichen würde, erscheint "Vor Ort" mit seiner Dezemberausgabe 2012 zum letzten Mal. Hartmut Seefeld wird sich indes einer neuen Herausforderung stellen. Der von den Pankowern direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich (Die Linke) fragte den von ihm geschätzten parteilosen Journalisten, ob er die Öffentlichkeitsarbeit in seinem Wahlkreisbüro übernehmen könnte. Seefeld sagte zu.
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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