Wenn sich das Amt querstellt
Der Verein BRJ unterstützt seit 20 Jahren junge Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte
Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei Paar Schuhe. Zwar sind die Aufgaben und Leistungen des Jugendhilfesystems in Deutschland umfassend gesetzlich geregelt, gleichwohl gibt es immer wieder begründeten, aber unerfüllten Jugendhilfebedarf, dessen konkrete Durchsetzung für die Betroffenen häufig sehr schwierig ist.
An dieser Stelle kommt der Verein Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe (BRJ) ins Spiel, der sich für die Rechte Jugendlicher und junger Erwachsener auch gegenüber Jugendämtern und der öffentlichen Verwaltung einsetzt. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es bei der Handhabung von Jugendhilfefällen sogar schon zwischen den Jugendämtern der unterschiedlichen Bezirke und je nach bearbeitender Person große Unterschiede gibt“, sagt Manfred Jannicke. „Im Ergebnis führt das für die Betroffenen zu einem Gefühl der Rechtsunsicherheit.“ Der 57-jährige Sozialpädagoge weiß, wovon er spricht. Denn er ist seit 30 Jahren beruflich in der Jugendarbeit tätig und engagiert sich seit 15 Jahren im BRJ, derzeit als einer von drei ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern.
Erste unabhängige Ombudsstelle
Der Verein wurde 2002 von einem unabhängigen Zusammenschluss von Fachkräften wie Sozialarbeitern, Pädagogen, Juristen, Psychologen und engagierten Privatpersonen gegründet. Sein Ziel ist es, eine offensive, bedarfsgerechte und vor allem gesetzmäßige Jugendhilfe zu gewährleisten und damit eine Lobby für junge Menschen und deren Familien mit Jugendhilfebedarf zu bilden. Seit 2014 unterhält der Verein in Kooperation mit der Senatsverwaltung zudem die bundesweit erste unabhängige Ombudsstelle für Kinder- und Jugendhilfe.
„Meine Motivation, beim Verein mitzumachen, ähnelt vermutlich der vieler Sozialpädagogen und Sozialarbeiter – nämlich dass die öffentliche Jugendhilfe im Alltag bestimmten komplexen Einzelfällen einfach nicht gerecht wird“, erklärt Manfred Jannicke. Viele dieser Fälle beträfen zum Beispiel die Probleme unbegleiteter Jugendlicher mit Migrationsgeschichte, die Unterbringung von Müttern mit Kindern, den Wechsel von Wohngruppen und die Situation in Pflegefamilien. Ein ganz besonderes Problem sei mit dem 18. Lebensjahr der Übergang von der Jugend zum Erwachsenenleben. An dieser Schnittstelle, so Jannicke, ende oftmals die Jugendhilfe, obwohl unter Umständen bis zum 21., manchmal sogar bis zum 27. Lebensjahr Ansprüche geltend gemacht werden können. „Das wissen aber nicht alle, und wenn dann noch Sprachprobleme und schwierige Lebensumstände dazukommen, sind die Betroffenen oft alleingelassen.“
Manfred Jannicke nennt das eine strukturelle Unterlegenheit: das Missverhältnis, das aus dem Anspruch der Bürger auf staatliche Hilfe einerseits und andererseits aus der Verpflichtung des Staates, öffentliche Mittel möglichst sparsam einzusetzen, erwächst. Gegen diese Schieflage kämpft der rund 70 Mitglieder starke Verein – und sieht sich stetig zunehmenden Fallzahlen gegenüber. Jannicke: „Das ist wie eine nach oben offene Skala: Je mehr Kapazität wir bieten, desto mehr Anfragen auf Hilfe bekommen wir. Allein im vergangenen Jahr waren das mindestens 200 Fälle.“
Verstärkung gesucht
Neben der aktiven Fallberatung dokumentiert der Verein seine Arbeit genauestens, führt Supervisionen durch, organisiert Fachgespräche und Fortbildung und nimmt erfolgreich Einfluss bei der Erstellung von Gesetzesnovellen im Jugendrecht. Für all diese Aufgaben wird übrigens tatkräftige Unterstützung gesucht. „Wer bei uns mitmachen will, sollte eine entsprechende Qualifikation zum Beispiel in der Sozial- oder Jugendarbeit mitbringen“, sagt Manfred Jannicke. „Und momentan ganz besonders gefragt sind Juristen, die sich im Bereich des Jugend- und Verwaltungsrecht auskennen.“
Interessierte wenden sich an den Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e. V., Mariendorfer Damm 38, 12109 Berlin. Die telefonischen Sprechzeiten unter Tel. 61 07 66 46 sind montags von 16 bis 18 Uhr und donnerstags von 10 bis 13 Uhr. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.brj-berlin.de.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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