Wir müssen jetzt Solidarität zeigen
Die Kampagne Newcomer gegen Corona zeigt Eigeninitiativen von Geflüchteten
COVID-19 verändert derzeit das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben unserer Gesellschaft in vielerlei Hinsicht, oft mit negativen Folgen. Die Krankheit zeitigt aber auch Entwicklungen, die Hoffnung machen. So werden zum Beispiel einst Hilfesuchende heute selbst zu Helfern, wie die Geschichte von Sandy Albahri zeigt.
Vor sechs Jahren kam die 29-Jährige auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg nach Berlin. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Spandau. Die gelernte Buchhalterin begann hier ein Studium der Sozialarbeit und ist seit einem Jahr bei LouLou, einem von der StadtRand gGmbH getragenen Begegnungsort für Geflüchtete und Nachbarn in Moabit, fest angestellt. „Wir bieten hier Kurse und Veranstaltungen an, die Migranten und Nachbarn zusammenbringen“, sagt Sandy Albahri. So gibt es Sprach-, Mal- und Kochkurse, Treffen von Selbsthilfegruppen und Nachhilfeunterricht.
Quarantänebestimmungen und Kontaktverbote haben auch diese Arbeit stark verändert, vieles war plötzlich nicht mehr möglich. „Wir haben uns überlegt, was wir zu Hause machen können und hatten die Idee, spendenfinanziert für Bedürftige Essen zu kochen und Schutzmasken zu nähen“, erklärt Sandy. LouLou-Mitstreiterin Saloua Nyazy hat in zwei Wochen schon weit über 100 Masken genäht. Die Masken und die von einer Gruppe in Moabit zweimal pro Woche gekochten Mahlzeiten werden direkt an Obdachlose in der Stadt verteilt. „Wir müssen in dieser Situation einfach Solidarität zeigen, wollen unsere Fähigkeiten einsetzen und damit der Gesellschaft etwas zurückgeben“, erklärt Sandy Albahri.
Dieses Engagement Geflüchteter sichtbar zu machen, haben sich Sawsan Chebli, die Berliner Staatsskretärin für Bürgerschaftliches Engagement, und die Plattform GoVolunteer auf die Fahnen geschrieben. Entstanden ist daraus Mitte April die Kampagne „Newcomer gegen Corona“, in deren Mittelpunkt Portraits von engagierten Geflüchteten wie das von Sandy Albahri stehen. Ihre Geschichten sollen anderen Mut machen, sich auch zu beteiligen und mit anzupacken.
Bedürftige und Helfer finden einfach zueinander
Dank dem Internet und digitaler Technik ist das problemlos möglich: So haben Thomas Noppen und Malte Bedürftig mit ihrer vor fünf Jahren gegründeten Plattform GoVolunteer ein Netzwerk geschaffen, das heute als größte HelferCommunity Deutschlands gilt. „Derzeit sind über 3500 Projekte abrufbar und 250 000 Nutzer registriert, die nach einem sozialen Engagement suchen“, sagt Noppen. Auch die Kampagne „Newcomer gegen Corona“ ist bislang ein voller Erfolg, bereits 500 Geflüchtete haben über GoVolunteer ihre Hilfe angeboten und werden auf verschiedene Einsätze vermittelt. Für Sawsan Chebli ein Grund zum Optimismus: „Dass sich viele Geflüchtete längst aktiv einbringen und die Zivilgesellschaft stärken, geht in den politischen Debatten oft unter. Hier wollen wir ein deutliches Zeichen setzen. Denn die Freiwilligen sind Vorbilder. Und gelebte Solidarität schafft Zusammenhalt.“
Mehr Infos zur Kampagne auf www.newcomer-gegen-corona.de, zu ehrenamtlichen Hilfe- und Unterstützungsangeboten in der Corona-Krise auf www.berlin.de/buergeraktiv und unter Telefon 577 00 22 00.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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