Drei Freunde, die Corona-Krise und eine Idee
Die Plattform Helping Hands bringt Helfer und Hilfesuchende zusammen

Paul Nietzschmann hatte die Idee zur Plattform helping-hands.io. | Foto: Foto: P.Nietzschmann
4Bilder
  • Paul Nietzschmann hatte die Idee zur Plattform helping-hands.io.
  • Foto: Foto: P.Nietzschmann
  • hochgeladen von Michael Vogt

In der Corona-Krise gibt es neben vielen Hiobsbotschaften immer wieder auch Geschichten, die Mut machen. Eine davon ist die rasante Entwicklung der Plattform Helping Hands in weniger als einer Woche.

„Alles begann damit, dass mir ein Bekannter von einer Gruppe erzählte, die sich über den Messaging-Dienst Telegram gegründet hatte“, erinnert sich Paul Nietzschmann. „Sie heißt ,Wedding solidarisch‘ und hat sich gegenseitige Hilfe, Austausch und Vernetzung in Zeiten der Krise zum Ziel gesetzt.“ Das war am 13. März.

Erstaunt habe ihn die enorme Resonanz, so Nietzschmann, der in Prenzlauer Berg wohnt. Innerhalb von zwölf Stunden hätten sich bereits 400 Leute angemeldet, etwas später ging die Zahl in die Tausende. Dem Absolventen der WHU Otto Beisheim School of Management in Koblenz, Startup-Gründer und Freelancer war klar, dass die Idee zwar gut ist, die Umsetzung so aber kaum funktionieren würde: „Es war ein relativ ineffizientes Konglomerat an Ideen und Initiativen, und so kam mir die Idee, eine professionell strukturierte Plattform ins Leben zu rufen.“

Allerdings verfügt der 27-jährige Business-Experte nicht über das technische Grundwissen. Da erinnerte er sich an seine Freunde aus gemeinsamen WHU-Studientagen. Zwei Tage waren inzwischen vergangen, als er Kontakt zu ihnen aufnahm. „Mein Freund Jan Runo, Mitbegründer der Umzugsplattform Movinga und derzeit mit Arbeiten zum Master in Brasilien beschäftigt, war sofort Feuer und Flamme“, erzählt Paul Nietzschmann. „Und mit dem dritten im Bunde, Arne Wolfewicz, verantwortlich für Prozessoptimierung beim Logistikunternehmen Kühne und Nagel, hatten wir jemanden im Boot, der unsere Ideen praktisch umsetzen konnte.“

In weiteren nur vier Tagen wurde die Plattform der drei programmiert und gelauncht. Am 19. März ging helping-hands.io online. Die Vermittlungsbörse bringt mit einem Matching-Prinzip Hilfeanfragen und freiwillige Helfer zusammen, natürlich unter Berücksichtigung des Datenschutzaspekts. Denn erst, wenn Hilfe angenommen wird, werden Telefonnummern gegenseitig sichtbar und der Kontakt möglich. Von Beginn an am meisten nachgefragt wurden Dienste wie die Erledigung von Einkäufen, der Gang zur Apotheke, den Hund ausführen sowie allgemeine Hol- und Bringedienste.

Die Plattform ist für die Nutzer gratis, die Kosten halten sich in Grenzen: „Es gibt viele potentielle Sponsoren, die uns unterstützen wollen“, sagt Paul Nietzschmann. „Problematisch ist eher der wachsende zeitliche Aufwand. Wir haben viel damit zu tun, Funktionen zu optimieren und bürokratische Hürden, wie zum Beispiel Datenschutzregularien, zu berücksichtigen. Somit ist also Manpower gefragt.“

Wieder spielte die Zeit der Plattform in die Hände. Nur zwei Tage nach der Veröffentlichung ihrer Internetseite fand eine von der Bundesregierung initiierte Veranstaltung statt, in der sich 47 000 Entwickler, Programmierer, Grafiker, Designer und Kreative über digitale Lösungsmöglichkeiten in der Krise austauschten. Paul Nietzschmann: „Wir haben darüber den Kontakt zu weltweit 30 Leuten gefunden, die an unserem Projekt mitarbeiten. Zudem hat die Vernetzung mit vielen anderen Plattformen dazu geführt, dass die regionalen Nutzerzahlen von anfänglich 2000 auf momentan weltweit 50 000 angewachsen sind.

Ein Problem bleibt allerdings: Die Zahl der Helfer übersteigt die der Hilfesuchenden um ein Vielfaches. Deshalb liegt die nächste Herausforderung darin, die Plattform bei der älteren, vielleicht nicht so internetaffinen Generation bekannt zu machen.

Für Paul Nietzschmann hat das Projekt schon sehr viele positive Erkenntnisse gebracht: „Es ist faszinierend zu sehen, wie in Zeiten einer extremen Krise Menschen zusammenkommen und gemeinsam Lösungsansätze entwickeln. Und zwar nach dem Open-Source-Prinzip: Gewinnorientierung spielt keine Rolle, niemand produziert für sich selbst, Informationen und Fähigkeiten werden geteilt – das ist eine tolle Erfahrung!“

Kontakt zu Helping Hands im Internet auf https://helping-hands.io.

Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 247× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 212× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 597× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.187× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.