Mit Spiel, Bewegung und Musik
Sprachpatenprojekt des DRK fördert Entwicklung und Integration von Kindern ohne Kitaplatz
„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“, konstatierte schon der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein. Und so ist die mangelnde Sprachentwicklung von Kindern mit Migrationshintergrund eines der häufigsten Integrationsprobleme in Deutschland. Das Sprachpatenprojekt für Kinder ohne Kitaplatz vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Schöneberg-Wilmersdorf will diesem Defizit entgegenwirken.
Leiterin des Projekts ist die Sozialpädagogin Helen Crasselt. Nachdem die 37-Jährige einige Jahre als Erzieherin und pädagogische Leiterin in Kindertagesstätten gearbeitet hatte, kam sie 2019 zum DRK. Als dann im selben Jahr die Eduard-Winter-Kinderstiftung eine Kooperation mit dem DRK im Bereich Integration für Kinder mit Migrationshintergrund anregte, kam Helen Crasselt auf die Idee, ein entsprechendes Patenschaftsprojekt ins Leben zu rufen. „Meine Erfahrungen aus der Zeit der Kitaarbeit haben mir damals sehr geholfen“, sagt Helen Crasselt. „Wir wollen mit dem Projekt die Lücke in der Sprachvermittlung für Kinder schließen, die im Kitaalter noch vor dem Schuleintritt entsteht. Denn eins ist klar: Falls Kinder ohne Deutschkenntnisse keine Möglichkeit haben, diese zu erwerben, führt das für sie unweigerlich zu schlechteren Startbedingungen, wenn schließlich die Schulpflicht greift.“ Zwar gebe es in Berlin vereinzelt geförderten Sprachunterricht und seitens der Senatsverwaltung oder der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung Projekte wie die mittlerweile beendeten „Sprungbrett-Kitas“, aber in Bezug auf vorschulische Sprachförderung für Kinder aus Migrantenfamilien ohne Kitaplatz sei das DRK-Projekt einzigartig, so Crasselt.
Ursprünglich sollten die Sprachpatenschaften von Ehrenamtlichen übernommen werden, doch dann ergab sich eine fachliche Begleitung durch die Kooperation mit der Potsdamer Fachhochschule „Clara Hoffbauer“. Nun fungieren zwei Studierende der Fachhochschule als hauptamtliche Sprachpaten. Sie betreuen jeweils eine Gruppe von vier bis fünf Kindern, die zweimal in der Woche in eine Einrichtung des DRK kommen. Dort werden die kommunikativen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Kinder in alltäglichen Situationen gefördert – im Spiel, mit Musik, in der Bewegung, bei einem Spaziergang, im künstlerischen Ausprobieren oder bei naturwissenschaftlichen Experimenten.
„Der Erfolg des Konzepts hängt natürlich maßgeblich davon ab, dass die Eltern mitziehen“, meint Helen Crasselt. „Wenn diese begreifen, dass die Integration ihrer Kinder vom Spracherwerb abhängt, werden sie auch die regelmäßige Teilnahme ihrer Kinder gewährleisten. Und immer dann machen wir die gleiche positive Erfahrung, nämlich dass diese Kinder alles aufsaugen und ungeheuer schnell Deutsch lernen.“
Problematisch werde es, wenn – aus welchen Gründen auch immer – die regelmäßige Teilnahme nicht gegeben ist, so Crasselt weiter. Insofern war es ein Vorteil, dass während der Pandemie die Sprachpaten direkt in die Flüchtlingsunterkünfte kamen und den direkten Kontakt mit den Eltern pflegen konnten. Heute sind die Sprachpaten darauf angewiesen, dass die Eltern ihre Kinder zu ihnen bringen.
Der Bedarf ist jedenfalls ungebrochen. Die Vermittlung der Kinder erfolgt über die Mitarbeiter in den Flüchtlingsheimen und Gemeinschaftsunterkünften, über den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, teils über Familien- und Stadtteilzentren und nicht zuletzt auch über das senatsgeförderte DRK-Parallelprojekt „Stadtteilmütter“, das Helen Crasselt ebenfalls koordiniert.
Informationen über das Sprachpatenprojekt gibt es auch auf bwurl.de/18zd.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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