„Diese Krankheit braucht Öffentlichkeit“
Verein Alopecia Areata berät seit Jahrzehnten die Betroffenen der Autoimmunerkrankung

Eva Lück-Beumler leitet die Berliner Ortsgruppe des Vereins Alopecia Areata, die sich im Stadtteilzentrum Pankow trifft. | Foto:  Michael Vogt
2Bilder
  • Eva Lück-Beumler leitet die Berliner Ortsgruppe des Vereins Alopecia Areata, die sich im Stadtteilzentrum Pankow trifft.
  • Foto: Michael Vogt
  • hochgeladen von Michael Vogt

Haben Sie schon mal was von Alopecia Areata gehört? Rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind von dieser speziellen Form des entzündlichen Haarausfalls betroffen, gleichwohl ist die Autoimmunerkrankung hierzulande noch relativ unbekannt. Sie gründet auf einer Fehlfunktion des Immunsystems, das, statt Viren und Bakterien abzuwehren, die eigenen Haare angreift.

Die Ursache liegt in einer genetischen Disposition, die oft mehrere Generationen überspringen kann. Großer Stress oder eine Virusinfektion können – oft auch schon in Kinderjahren – zum Ausbruch der Erkrankung führen. Wenn dann in kurzer Zeit Kopf- und Körperhaare wie auch Wimpern und Augenbrauen ausfallen, macht sich bei den Leidtragenden oft Panik breit.

Auswirkungen auf das soziale Umfeld

Was Alopecia Areata bedeutet, welche Probleme und psychischen Belastungen damit einhergehen, das weiß Eva Lück-Beumler nur allzu gut. Die 68-jährige Rentnerin und ehemalige Bankkauffrau ist zwar nicht selbst betroffen, hat aber schon recht früh erlebt, welche Auswirkungen die Krankheit auf Patienten, deren Angehörige und das soziale Umfeld haben kann. „Seitdem die Krankheit vor 37 Jahren in meinem Bekanntenkreis aufgetreten ist, bin ich damit vertraut“, erklärt Eva Lück-Beumler. Um mehr darüber zu erfahren, besuchte sie ein deutschlandweites Treffen des Vereins Alopecia Areata in Krefeld. Da es in Berlin bis dahin keine Ortsgruppe gab, erklärte sie sich bereit, als ehrenamtliche Kontaktperson zu fungieren und eine Selbsthilfegruppe vor Ort aufzubauen.

Foto: AAD

Das bedeutet bis heute viel Organisation zum Beispiel von regelmäßigen Treffen und Aktivitäten, die Beantragung von Fördergeldern bei Krankenkassen für die Ortsgruppe und natürlich ständige Weiterbildung rund um das Thema. „Anfangs war es sehr wichtig, die Werbetrommel für den Verein zu rühren, denn viele wissen gar nicht, dass sie mit ihren Leiden nicht allein sind“, erinnert sich Eva Lück-Beumler. Mittlerweile kommen immer mehr Betroffene und auch Angehörige alle zwei Monate im Stadteilzentrum Pankow, Schönholzer Straße 10, zusammen, um Erfahrungen, Erlebnisse und Informationen auszutauschen. Zudem gibt Eva Lück-Beumler deutschlandweit Telefonsprechstunden, in denen sie nützliche Tipps, Adressen von Ärzten und andere hilfreiche Erfahrungen weitergibt. Sie nimmt an Studien der Forschung und Medizin teil und informiert über die neuesten Entwicklungen rund um die Autoimmunerkrankung.

Vertrauensvoll und diskret

„Die Tipps sind vielfältig und gehen bis hin zu konkreten Schminkseminaren“, sagt Eva Lück-Beumler. „Konkrete Hilfe ist entscheidend, denn viele, die von der Krankheit überrascht werden, fallen regelrecht in ein Loch, brauchen dringend Halt und Orientierung.“ Entsprechend empathisch sind die Zusammenkünfte in der Gruppe, bei denen in vertrauensvoller und diskreter Atmosphäre persönliche Krankheitsgeschichten und die Umgangsweise damit erzählt werden können. Mancher berichte zum Beispiel, er habe alle Spiegel in der Wohnung entfernt, um die Veränderung auszublenden, so Eva Lück-Beumler. Belastend sei auch, dass die äußere Erscheinung viele Menschen an Krebspatienten in einer Chemotherapie erinnere und die Betroffenen mitleidige Blicke auf sich ziehen.

Zwar ist die Krankheit nicht lebensbedrohlich und auch ein neues Medikament aus den USA mit europäischer Zulassung lässt seit Kurzem hoffen. Da aber Haarerkrankungen hierzulande immer noch als Lifestyle-Krankheiten gelten, übernehmen die deutschen Krankenkassen die hohen Kosten der Therapie nicht. Für Eva Lück-Beumler ist deshalb klar: „Das muss sich ändern und umso mehr braucht diese Krankheit die Öffentlichkeit.“

Unterstützung gesucht

Ebenfalls klar ist für die agile Ortsgruppenleiterin, dass es nach den vielen Jahren ihres Engagements Zeit für eine Unterstützung und künftige Nachfolge wird. Wer sich also für das Thema interessiert, womöglich selbst erkrankt ist und sich für andere Betroffenen einsetzen möchte, der findet alle nötigen Informationen rund um den Verein und die Ortsgruppe Berlin sowie alle wichtigen Kontakte und Termine im Internet unter alopecia-areata-berlin.de.

Eva Lück-Beumler leitet die Berliner Ortsgruppe des Vereins Alopecia Areata, die sich im Stadtteilzentrum Pankow trifft. | Foto:  Michael Vogt
Foto: AAD
Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Schonende Verfahren für Ihre Rückengesundheit werden am 19. März vorgestellt. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Informationen für Patienten
Minimal-Invasive Wirbelsäulenchirurgie

Leiden Sie unter anhaltenden Rückenschmerzen oder Wirbelsäulenbeschwerden? Moderne minimal-invasive Operationsverfahren ermöglichen eine schonendere Behandlung mit schnelleren Genesungszeiten. Erfahren Sie mehr über innovative Therapiemöglichkeiten bei unserem Infoabend mit Dr. (Univ. Kermanshah) Kamran Yawari, Teamchefarzt des Caritas Wirbelsäulenzentrums. In seinem Vortrag erläutert er die Vorteile minimal-invasiver Wirbelsäulenchirurgie und zeigt auf, wann und für wen diese Methoden sinnvoll...

  • Reinickendorf
  • 18.02.25
  • 169× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es gibt und wie moderne Behandlungsmöglichkeiten helfen können.  | Foto: pixel-shot.com, Leonid Yastremskiy

Proktologie: Ende gut, alles gut!

Unser Darm ist mit seinen 5 bis 7 Metern Länge ein wahres Wunderwerk unseres Körpers. Doch wenn es am Ende des Darms zu Erkrankungen kommt, kann das die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen – auch wenn man es nicht sieht. Aus Scham werden diese Probleme oft verschwiegen, dabei gibt es in den meisten Fällen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wir laden Sie herzlich zu unserem Informationsabend ein! Erfahren Sie, welche proktologischen Erkrankungen häufig auftreten, welche Untersuchungsmethoden es...

  • Reinickendorf
  • 19.02.25
  • 125× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Patienten fragen
Steine in der Gallenblase – was nun?

Gallensteine sind ein häufiges, aber oft unterschätztes Gesundheitsproblem. Etwa jede fünfte Person in Europa ist betroffen, und fast die Hälfte entwickelt im Laufe des Lebens Beschwerden. Diese äußern sich meist in Form von wiederkehrenden Schmerzen, insbesondere im rechten Oberbauch. In einigen Fällen können Gallensteine zu ernsthaften Komplikationen wie einer Entzündung der Gallenblase führen. Die bevorzugte Therapie bei Beschwerden ist die operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel...

  • Reinickendorf
  • 12.02.25
  • 519× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Informieren Sie sich über Intensivmedizin. | Foto: 2022 Tomasz Kuzminski

Infoabend am 11. Februar
Grenzen und Möglichkeiten der Intensivmedizin

Die Intensivmedizin hat erstaunliche Fortschritte gemacht und bietet schwerstkranken Patienten Überlebenschancen, die früher undenkbar waren. Doch wo liegen die Grenzen dieser Hochleistungsmedizin? Welche technischen, personellen und ethischen Herausforderungen gibt es? Besuchen Sie unseren Infoabend mit Priv.-Doz. Dr. Stephan Kurz und erfahren Sie, wie intensivmedizinische Maßnahmen Leben retten, aber auch komplexe Entscheidungen erfordern. Was geschieht, wenn Therapieoptionen ausgeschöpft...

  • Reinickendorf
  • 29.01.25
  • 1.112× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.