Weil jeder Tropfen zählt
Der BUND ruft die Berliner zum Gießen der dürregeplagten Straßenbäume auf
Die Berliner Straßenbäume leiden unter der extremen Trockenheit der zurückliegenden Sommer. Doch es gibt auch Hoffnung: Viele Vereine, Organisationen und Nachbarschaftsinitiativen rufen verstärkt dazu auf, vor der eigenen Haustür für Bäume aktiv zu werden – allen voran der BUND Berlin.
„In Berlin gibt es momentan rund 431 000 Straßenbäume und vielen geht es tatsächlich nicht gut“, sagt Christian Hönig, Forstwirtschaftler und Referent für Baumschutz beim BUND Landesverband Berlin. Auf seinen regelmäßigen Spaziergängen durch die Stadt achtet er stets auf die „Körpersprache der Bäume“, die ihm viel verrät. So seien ausgedünnte Baumkronen, eingerollte kleinere Blätter und Schäden an der Rinde sichere Anzeichen für den Trockenstress der Pflanzen.
Dabei gebe es allerdings zwischen den einzelnen Bäumen große Unterschiede, so Hönig: „Je nach Alter, Baumart, nach Sonneneinstrahlung, Ausrichtung der Straße, Untergrundbeschaffenheit und Abstand zur nächsten Fassade kann die Belastung eines Baumes höchst unterschiedlich ausfallen.“ Somit ist es für den Experten kein Allheilmittel, die derzeit überwiegenden Arten Linde, Eiche und Ahorn einfach durch resistentere Arten aus mediterranen Zonen zu ersetzen: „Vielmehr muss man sich bei der Pflege auf die Klimaveränderungen einstellen. In den letzten Jahren sind Niederschläge im für Bäume so wichtigen Frühjahr immer mehr zurückgegangen. Die trockenen Perioden setzen über die vergangenen zehn Jahre gesehen in Berlin immer früher ein.“
Sein Appell lautet: In Frühjahr und Frühsommer müssten Bäume besonders mit Wasser versorgt werden. Denn dann bildet der Baum neues Holz aus, verschafft sich quasi die Kraft, um das weitere Jahr zu überstehen. Sein Ansinnen ist schon auf fruchtbaren Boden gefallen. Es gibt immer wieder Aufrufe, Privatinitiativen und Aktionen überall in der Stadt, die Straßenbäume jetzt mit Wasser zu versorgen. „Wir verzeichnen seit langer Zeit viele Anfragen aus der Bevölkerung nach Möglichkeiten, wann, wo und wie Bäume gegossen werden sollen“, sagt Hönig.
Mit dem Start der Aktion „Bäume gießen“ vor zwei Jahren gab der BUND dieser Bewegung eine Struktur. Neben der Veröffentlichung von Orten und Terminen finden sich auf der Internetplattform www.bund-berlin.de/mitmachen/aktion-baeume-giessen/ eine Vielzahl an Informationen und Anleitungen zum richtigen Gießen, Vordrucke für Gießaufrufe sowie eine Karte, auf der die nächstgelegenen Wasserpumpen verzeichnet sind. Mittlerweile treffen sich regelmäßig rund zehn Gießgruppen in verschiedenen Bezirken, um die Bäume mit ihren benötigten acht bis zehn Eimern Wasser wöchentlich zu versorgen.
Ein tolles Engagement, das gleichwohl für Christian Hönig nur eine Nothilfe bleibt: „Die eigentlich zuständigen Bezirksämter waren lange Zeit personell unterbesetzt und finanziell schlecht aufgestellt. Erst im jüngsten Doppelhaushalt des Landes Berlin wurde mit 14,8 Millionen Euro die finanzielle Ausstattung der Straßen- und Grünflächenämter den dringenden Erfordernissen angepasst. Kapazitäten sollen nun aufgestockt, Stellen wieder besetzt werden.“ Dann aber kam die Corona-Krise dazwischen. Viel passiert ist deshalb zunächst noch nicht, die Initiativen der Bevölkerung sind nach wie vor dringend erforderlich. Langfristig aber fordert Christian Hönig von den Behörden eine bessere und nachhaltige Organisation in der Baumpflege. Seine Idee: Ein flächendeckender regelmäßiger Frühjahrsdienst zur Wasserversorgung und Düngung aller Bäume in Berlin.
Wer auch ohne Gießgruppe aktiv werden möchte, kann sich auf www.giessdenkiez.de/ (auch als App ) auf einer interaktiven Karte informieren, wo Not am Baum gegeben und wo die nächste öffentliche Wasserpumpe zu finden ist.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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