„Wir brauchen Planungssicherheit“
Der Berliner Handel leidet unter dem Hickhack rund um die verkaufsoffenen Sonntage

Am 8. September ist anlässlich der Internationalen Funkausstellung verkaufsoffener Sonntag. Nachdem verdi klagte, gab es um die geplanten Juli- und August-Sonntagsöffnungen Verwirrungen. Unternehmen wollen, dass das Hickhack endlich beendet wird. | Foto: Christian Hahn
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  • Am 8. September ist anlässlich der Internationalen Funkausstellung verkaufsoffener Sonntag. Nachdem verdi klagte, gab es um die geplanten Juli- und August-Sonntagsöffnungen Verwirrungen. Unternehmen wollen, dass das Hickhack endlich beendet wird.
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  • hochgeladen von Manuela Frey

Es war vermutlich nicht das letzte Urteil, das im Streit um die verkaufsoffenen Sonntage in Berlin gesprochen wurde: Am 18. Juli hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass zum Schwul-lesbischen Straßenfest am 21. Juli und zur IFA am 8. September die Läden geöffnet werden dürfen – nicht aber zu den "Finals Berlin 2019" am 4. August.

Damit wurde ein Beschluss des Verwaltungsgerichts gekippt, welches wiederum einem Eilantrag der Gewerkschaft verdi gegen drei verkaufsoffene Sonntage zunächst gefolgt war. Die OVG-Entscheidung ist zwar unanfechtbar, regelt aber nur für dieses Jahr den hartnäckig geführten Streit um das Einkaufen am Sonntag. In dem stehen sich kirchliche Organisationen und Gewerkschaften auf der einen Seite und der Handel, Unternehmen, viele Berliner und Touristen auf der anderen Seite gegenüber, während die Parteien in der Frage gespalten sind.

Der Gesetzeswortlaut lässt Interpretationsspielraum

Peter Schönbrunn, Centermanager des Rathaus-Centers Pankow, ist als Mitglied im Branchenausschuss Handel in der IHK derzeit oft mit diesem Thema konfrontiert: „Ein Knackpunkt im Ladenöffnungsgesetz liegt in der unterschiedlichen Auffassung der Strahlkraft der Events, an die die verkaufsoffenen Sonntage gebunden sind. Der Gesetzeswortlaut, das 'herausragend gewichtige öffentliche Interesse', lässt Interpretationsspielraum und wir befürchten, dass auch künftig vor Gericht gestritten wird.“

„Die derzeitige unklare Situation schadet allen Beteiligten“

Im Wesentlichen geht es in Berlin um acht verkaufsoffene Sonntage im Jahr, die durch zwei weitere Sonntage ergänzt werden, an denen der Handel anlässlich eines Jubiläums oder Straßenfestes öffnen kann. Dass jüngst der Termin zum Schwul-lesbischen Straßenfest zunächst untersagt und dann sehr kurzfristig wieder erlaubt wurde, hat nicht nur Peter Schönbrunn, sondern viele andere Unternehmer verärgert. „Die derzeitige unklare Situation schadet allen Beteiligten“, sagt Andreas Windolf, Vertriebsleiter Nord der POCO GmbH. In Bezug auf Personal und Werbung fehle jegliche Planungssicherheit und auch die Kunden seien irritiert. Andreas Windolf: „Nach dem Urteil konnten wir nicht mehr reagieren und mussten Mitarbeiter am letztlich verkaufsoffenen Sonntag vor geschlossene Filialen stellen, um den Kunden die Lage zu erklären.“ Diese Situation kennt auch der Niederlassungsleiter der Zweirad-Center Stadler GmbH, Josef Zimmerer. Das kurzfristige Urteil hat auch ihn überrascht: „Eine solche Flexibilität kostet sehr viel Energie und macht wirtschaftlich keinen Sinn, deshalb blieben damals auch unsere Filialen geschlossen.“

"Kunden sind sonntags viel entspannter und nehmen sich richtig Zeit“

Das Argument der Gewerkschaften, mit den Klagen im Sinne der Arbeiter und Angestellten zu agieren, geht nicht nur für Zimmerer an der Realität vorbei: „An Sonntagen wird bei uns lieber gearbeitet als an anderen Tagen, denn damit sind Freizeitausgleich und Zulagen verbunden.“ Das bestätigt auch Roman Rahaus, Geschäftsführer der gleichnamigen Möbelhauskette: „Wir machen zu Jahresbeginn regelmäßig Umfragen unter der Belegschaft zur Bereitschaft, an den besagten Sonntagen zu arbeiten und haben letztlich immer mehr Nachfragen als Plätze zur Verfügung.“ Das liege, so Rahaus, vor allem an den Kunden: „Die sind erfahrungsgemäß sonntags viel entspannter und nehmen sich richtig Zeit.“

Einig sind sich die Unternehmer darin, dass die sonntags nicht gemachten Umsätze eher dem Onlinehandel zugute kommen. Und Berlin als Hauptstadt und touristischer Anziehungspunkt werde ohne die verkaufsoffenen Sonntage maßgeblich an Attraktivität verlieren. Dass nur eine langfristige und für alle akzeptable Lösung Planungssicherheit schaffen kann, steht für die betroffenen Unternehmen ebenfalls außer Zweifel. Denn, so die allgemeine Befürchtung, wenn im Herbst vom Senat die Termine für die verkaufsoffenen Sonntage für die erste Hälfte 2020 bekanntgegeben werden, könnte der Prozess durch die Instanzen mit Klagen, Urteilen und Revision wieder von vorne beginnen – mit ungewissem Ausgang.

Gewiss sind hingegen die noch verbleibenden verkaufsoffenen Sonntage des Jahres, nämlich der 8. September 2019 zur Internationalen Funkausstellung Berlin sowie die Weihnachtstermine am 8. und 22. Dezember 2019.

Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

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