"Kein Gleim-Kiez ohne Colosseum"
Mitarbeiter wehren sich gegen das Ende des Kinos

Rund 40 Kino-Mitarbeiter drohen ihre Arbeitsplätze zu verlieren.  | Foto: Ulrike Kiefert
5Bilder
  • Rund 40 Kino-Mitarbeiter drohen ihre Arbeitsplätze zu verlieren.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Rund 40 Mitarbeiter und zahlreiche Anwohner protestierten jetzt gegen die Schließung des Colosseum an der Schönhauser Allee Ecke Gleimstraße. Sie wollen das Kino im Kiez erhalten.

Mit Transparenten, Megafon und einer Schweigeminute machten die 43 Beschäftigten auf sich aufmerksam. Vor das Kino hatten sie T-Shirts gehängt. „Rettet das Colosseum“ und „Kein Gleim-Kiez ohne Colosseum“ war darauf zu lesen. Für die Passanten gab’s Popcorn und symbolische Tickets: ein bisschen Galgenhumor in schweren Zeiten.

Das Colosseum, coronabedingt seit März geschlossen, soll nicht wieder öffnen. Grund genug für den Protest Anfang Juli. Denn den Mitarbeitern droht nicht nur der Verlust ihrer Arbeitsplätze, Prenzlauer Berg würde auch eine echte Institution mit einer fast 100-jährigen Kinogeschichte verlieren. „Deshalb haben wir diese Protestaktion organisiert“, sagte Betriebsratschef Martin Rathke. Wir wollen das Kino als wichtigen Kulturstandort im Kiez erhalten.“ Rathke selbst arbeitet seit 18 Jahren im Colosseum. Dass es schließen soll, versteht er nicht. „Uns hat man gesagt, das Kino sei wirtschaftlich nicht mehr tragbar und der Einnahmeverlust wegen Corona zu hoch.“ So wirklich glauben kann er das nicht. „Es gab vorher keinerlei Anzeichen dafür, dass wir in finanziellen Schwierigkeiten stecken.“

Das Kino würden die Mitarbeiter notfalls auch allein weiterbetreiben, als Genossenschaft oder kommunales Kino. So oder so, Unterstützung bekommen sie von Verdi. „Wir sind als Gewerkschaft seit vielen Jahren in der Kinolandschaft aktiv“, sagte Jörg Reichel. Aber so ein Fall wie die Insolvenz des Colosseums sei schon außergewöhnlich. „Es ist das einzige Kino, dass es über die Corona-Krise hinaus offensichtlich nicht geschafft hat.“ Reichel macht den Mitarbeiter aber auch Mut. „Wir gehen davon aus, das Kino wird erhalten bleiben. Die Politik unterstützt uns.“

Pankows Bürgermeister Sören Benn (Die Linke) jedenfalls will das Haus retten. „Wir haben dem Eigentümer mehrfach unsere Bereitschaft übermittelt, Gespräche führen zu wollen.“ Welche Pläne gibt es für das Haus? Decken die sich mit den Vorstellungen des Bezirksamts? „Das wollen wir erfahren.“ Der Bürgermeister denkt an ein Haus der Kultur und Kreativwirtschaft. „Nur ein Bürohaus, das kann nicht sein. Es muss seine Funktion für den Kiez auch künftig erfüllen." Schließlich hätten im Colosseum ganze Generationen Lolek und Bolek geschaut. Außerdem ist es bereits heute mehr als nur ein Kino. Jugendliche feiern hier ihre Jugendweihe, Kinder ihre Einschulung, sonntags gibt es Gottesdienste.

Wie berichtet, hatte die Kino Colosseum Betriebsgesellschaft mbH im Juni im Zuge der Corona-Krise einen Insolvenzantrag gestellt. Wie es weitergehen soll, sollte ein vorläufig bestellter Insolvenzverwalter prüfen. Eigentümer des einstigen Premierenkinos der DDR ist eine Gemeinschaft von Erben der Kino-Legende Artur Brauner. Ein Umbau des Kinos wurde schon im vergangenen Jahr geplant. Eine Hamburger Immobilienfirma beantragte dafür im Bezirksamt einen Bauvorbescheid, der genehmigt wurde.

Der Insolvenzantrag war auch für Teamleiterin Daniela Baumann ein Schock. „Ich trauere um meinen Arbeitsplatz, um die Kollegen und ums Kino.“ Sie wohnt selbst im Gleim-Kiez, kommt privat öfter vorbei und plaudert mit den Kollegen. „Das Kino ist mein zweites Wohnzimmer.“ Ebenso hart trifft es Thomas Schulz, der seit 23 Jahren hinter der Bar steht. „Wir sind zurzeit freigestellt. Ich habe seit drei Monaten kein Geld mehr bekommen“, sagt er. Damit sich im Colosseum nicht für immer der Vorhang senkt, protestierte er mit. Am Abend zogen dann alle – Mitarbeiter, Anwohner, Gewerkschafter und Bürgermeister – auf einer friedlichen Demo durch den Kiez.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

52 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
 Ist Ihr Herz gesund? Informieren Sie sich am 20. November über Herzschwäche und wie man sie erkennt und behandelt. | Foto: Caritas-Klinik Maria Heimsuchung

Infos über Herzinsuffizienz
Vortrag: „Herzschwäche erkennen und behandeln“

Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung lädt Sie herzlich zu einem informativen Vortrag am 20. November 2024 von 17 bis 18 Uhr ein. Unter dem Titel „Stärke dein Herz – Herzschwäche erkennen und behandeln“ erfahren Sie Wissenswertes über die frühzeitige Erkennung und moderne Behandlungsmöglichkeiten der Herzinsuffizienz. Dr. med. Philipp Krauser, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Oberarzt im Caritas Kardiozentrum Berlin, wird in dem Patienteninformationsabend auf die typischen...

  • Pankow
  • 30.10.24
  • 851× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 366× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen? Erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Infoabend am 12. November
Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen

Leiden Sie unter anhaltenden Knie- oder Hüftschmerzen, die jeden Schritt zur Qual machen oder Ihnen sogar in Ruhe keine Erholung gönnen? Es muss nicht so bleiben! Besuchen Sie unseren Infoabend "Leben ohne Knie- und Hüftschmerzen: Schonende & komfortable OP-Methode!" und erfahren Sie, wie Sie mit modernsten Methoden Ihre Mobilität zurückgewinnen – schonend, effektiv und ohne Angst vor einem Eingriff. Expertenwissen kommt beim Infoabend am 12. November aus erster Hand: Tariq Qodceiah, Chefarzt...

  • Reinickendorf
  • 01.11.24
  • 696× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für rund 105.000 Haushalte im Bezirk Lichtenberg baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom
2 Bilder

Telekom macht's möglich
Schnelles Glasfasernetz für Lichtenberg

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes im Bezirk Lichtenberg auf Hochtouren. Damit können rund 105.000 Haushalte und Unternehmen in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Karlshorst, Lichtenberg und Rummelsburg einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Schnell sein lohnt sich Wer jetzt einen Glasfaser-Tarif bei der Telekom beauftragt, gehört...

  • Bezirk Lichtenberg
  • 30.10.24
  • 775× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wie Sie Rückenschmerzen durch fortschrittliche Behandlungskonzepte in den Griff bekommen, erfahren Sie am 3. Dezember. | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Ihre Optionen bei Beschwerden
Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule

Um "Moderne Therapien an der Lendenwirbelsäule – Ihre Optionen bei Beschwerden" geht es beim Patienteninformationsabend am Dienstag, 3. Dezember. Rückenschmerzen, Ischias-Beschwerden und Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehören zu den häufigsten orthopädischen Problemen. An diesem Infoabend erhalten Sie Einblicke in aktuelle Therapiemöglichkeiten und fortschrittliche Behandlungskonzepte. Unser Wirbelsäulenspezialist Tim Rumler-von Rüden erklärt, wie moderne Technologien...

  • Reinickendorf
  • 07.11.24
  • 349× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.