Dem Gesetz Genüge getan
Nachbarn aus dem Bötzowkiez rebellieren gegen das Sonntagsverkaufsverbot
Van Dan Le und seine Frau Thi Hong Nguyen waren überrascht, als die Kontrolleure ihren Laden an einem Sonntagnachmittag betraten. Wie seit Jahren hatte das Ehepaar ihr Geschäft an der Ecke Bötzow- und Hufelandstraße geöffnet. Und wie immer herrschte dort auch reger Betrieb.
Der Laden „LEKR – Der Kaufmann nebenan“ ist beliebt im Bötzowviertel. Herr Le und seine Frau verkaufen Lebensmittel, Zeitungen und Zeitschriften, Haushalts- und Schreibwaren.Vor 19 Jahren eröffnete Van Dan Le den 180 Quadratmeter großen Laden. Zuvor hatte der Diplom-Ingenieur beim VEB Elektroapparatewerke Treptow gearbeitet. Bis zur Wende. Dann machte der Betrieb dicht. Danach wurstelte er sich einige Zeit mit kleinen Jobs durch. Bis er den leer stehenden Laden im Bötzowviertel fand. Seit der Eröffnung steht er fast jeden Tag im Laden, nur hin und wieder nahm sich die Familie mal zwei, drei Tage frei. Meistens zu Feiertagen.
Und dass LEKR seit Jahren auch sonntags geöffnet hatte, störte bislang niemand. Im Gegenteil. Der Laden gilt auch sonntags als Treffpunkt im Kiez. Doch damit ist jetzt seit einigen Wochen Schluss. Außer an den zwei berlinweit genehmigten Adventssonntagen mussten Herr Le und seine Frau den Laden sonntags geschlossen halten. Diese Anweisung erhielten sie vom Ordnungsamt. Dem Gesetz ist damit Genüge getan.
Doch die Nachbarn sind da ganz anderer Meinung. Keiner versteht so richtig, warum etwas, das seit vielen Jahren mehr oder weniger toleriert wurde, mit einem Mal verboten wird. Einer der Kiezbewohner ist Stefan Gehrke. Er wohnt seit 15 Jahren im Bötzowviertel und bot dem Ehepaar Unterstützung an. Eine Online-Petition wurde gestartet. Binnen weniger Wochen sprachen sich 2875 Leute für eine Aufhebung des Sonntagsverkaufsverbots für das Geschäft LEKR aus.
Klar ist, dass man solch ein Verbot, quasi als Ausnahme, nicht nur für einen Laden aufheben kann. Generell geht es darum, eine Änderung des Ladenschlussgesetzes für diese Geschäfte zu erreichen. Vor wenigen Tagen übergab Gehrke die Petition mit den Unterschriften an Pankows Bürgermeister Sören Benn (Die Linke). Der machte ihm deutlich, dass es sich hier um ein Landesgesetz handele und der Bezirk da nicht viel machen könne. Aber er sagte zu, dass man sich kreativen Ideen, um eine Lösung für LEKR zu finden, nicht verschließen werde.
Eine solche Idee könnte zum Beispiel sein, dass LEKR zu einer Tankstelle für Elektroautos wird. Für Tankstellen, die ebenfalls ein breites Sortiment an Lebensmitteln anbieten, gilt das Öffnungsverbot an Sonntagen nicht. Würden am Laden also „Tanksäulen“ für Elektroautos installiert und vor dem Geschäft Stellplätze zur Verfügung stehen, könnte der Laden als Tankstelle eingestuft werden, hofft Stefan Gehrke. Ob diese Idee umgesetzt werden kann, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
LEKR bekommt indes auch Zuspruch aus der Politik. Die FDP-Verordnete Sophie Regel erklärt: „Am Beispiel des LEKR wird deutlich, dass die Bürger die Möglichkeit haben wollen, auch sonntags wohnortnah Lebensmittel einzukaufen. Und Ladeninhaber sollten die Freiheit haben, eigenständig zu entscheiden, welche Öffnungszeiten für ihr Geschäft wirtschaftlich sinnvoll sind.“ Daher sollten die Einschränkungen und Verbote für den Verkauf an Feier- und Sonntagen durch eine Novellierung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes abgeschafft werden.
Auch die SPD-Fraktion in der BVV nahm sich dieses Themas an. Sie bereitet einen Antrag vor, mit dem sie Bewegung in die Sache bringen möchte. Der Berliner Abgeordnete Tino Schopf (SPD) ist ebenfalls an der Sache dran. „Laut Ladenschlussgesetz dürfen solche Läden wie LEKR sonntags nicht öffnen“, sagt er. „Aber wir müssen darüber nachdenken, wie wir solchen familiengeführten Geschäften vielleicht doch ermöglichen können, ihre Läden auch sonntags zu öffnen.“
Autor:Bernd Wähner aus Pankow |
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