Hausbesitzer wollen klagen
Senat soll Brunnengalerie im Blumenviertel nicht abschalten
Ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, Bürger vor hohem Grundwasser und nassen Kellern zu schützen? Darum geht es beim Streit zwischen Bewohnern des Blumenviertels in Rudow/Buckow und dem Senat. Nun wollen Betroffene rund um den Glockenblumenweg klagen.
Hintergrund: 1997 ging eine Brunnengalerie im Blumenviertel in Betrieb. Der Senat hatte sie genehmigt, um die Altlastensanierung in Johannisthal zu unterstützen – nicht etwa, um für trockene Keller zu sorgen. Dennoch profierten die Hauseigentümer von der Anlage, die das Grundwasser künstlich senkte, das seit der Wende kontinuierlich gestiegen war. Nachdem die Altlastensanierung beendet waren, wollte der Senat die Pumpen Ende 2017 abschalten.
Die Anwohner protestierten. Nachdem sich auch Bezirksverordnete und Bezirksamt für eine Verlängerung der Laufzeit eingesetzt hatten, wurde ein Aufschub bis Ende 2021 gewährt. Allerdings unter der Bedingung, dass sie einen Verein gründen, der in Eigenverantwortung neue Brunnen planen, bauen und betreiben sollte. Die Berliner Wasserbetriebe sagten ihre Unterstützung zu. Würden alle rund 4000 Hausbesitzer dem Verband beitreten – diese Zahl ist in der Vergangenheit von den Betroffenen genannt worden –, kämen neben den Baukosten rund 250 000 Euro im Jahr für den Anlagenbetrieb auf sie zu, also gut 60 Euro pro Haushalt.
Damit sind nicht alle einverstanden. Mitte November beschlossen 70 Mitglieder des 2017 gegründeten Vereins Siedlungsverträgliches Grundwasser (SVG), gemeinsam mit dem Verband Deutscher Grundstücksnutzer eine „Leistungsklage“ gegen das Land Berlin vorzubereiten. Ziel es, die öffentliche Hand zu verpflichten, die Pumpanlage weiter unter ihrer Regie laufen zu lassen.
Grundlage für die beabsichtigte Klage ist ein Gutachten von Professor Hans-Jürgen Müggenborg, Spezialist für Umwelt- und Verwaltungsrecht. Darin heißt es unter anderem, das Land Berlin habe einst bei Erteilung der Baugenehmigungen für die Häuser Amtspflichtverstöße begangen. Den Anspruch der Anwohner auf Weiterbetrieb begründet der Jurist mit dem Grundrecht auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Schutz des Eigentums. Zudem würde durch aufsteigendes Grundwasser die Abwasserschächte und damit öffentliche Infrastruktur zerstört. Dieses Gutachten hat SVG dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) bereits vor Monaten zukommen lassen und ihm eine Frist zum Antworten gesetzt. „Doch auch eine Nachfrist bis zum 30. September hat er verstreichen lassen. Dass wir nicht gleich die Mitteilung bekommen, der Senat werde die Brunnengalerie weiter betreiben, war uns ja bewusst. Aber überhaupt keine Antwort zu erhalten, ist ein starkes Stück“, so Vereinsvorsitzende Christina Schwartzer.
Für das Land Berlin ist die Angelegenheit eine grundsätzliche. Einen Präzedenzfall, der Ansprüche auch von anderen Betroffenen nach sich ziehen könnte, soll vermieden werden. In einem Brief der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz an die Bewohner des Blumenviertels vom 15. Mai dieses Jahres heißt es: „Eine öffentliche Finanzierung einer Grundwasserhaltung allein zur Trockenhaltung von privaten Kellerräumen gehört eindeutig nicht zur Daseinsvorsorge. Anderslautende Behauptungen sind nicht richtig und entbehren einer Rechtsgrundlage.“
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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