Idyllischer Ort für Bücherwürmer
Mit neuem Namen eröffnete die Gertrud-Haß-Bibliothek in einem lichtdurchfluteten Neubau in Rudow
Was lange währt, wird gut: Nach knapp fünf Jahren Bauzeit hat die Gudrun-Haß-Bibliothek ihren Neubau in der Straße Alt-Rudow 45 bezogen. Besucher können unter 30 000 Medien auswählen. Es gibt Computerarbeitsplätze und zwei Sonic-Chairs, also Akustik-Sessel in Form einer Halbkugel.
Seit Anfang August waren diese Medien nicht mehr zugänglich gewesen. Da begann der Umzug der Bibliothek Rudow in den Neubau Alt-Rudow 45 im Herzen Rudows. Jetzt steht dort alles wieder gut sortiert auf zwei Etagen zur Ausleihe bereit. Die Rudower mussten lange auf ihre moderne Bibliothek warten. Denn die Bauzeit zog sich seit 2016 hin. Spätestens seit 2019 sorgte diese Tatsache für einigen Unmut. Anwohner beschwerten sich darüber, dass die Baustelle den Fußgängerweg vor dem Gebäude über Jahre blockierte. Mancher fragte sich, ob die Bauarbeiten überhaupt jemals abgeschlossen werden.
Grund für die enorme Verzögerung war, dass der Neubau teilweise als reales Weiterbildungsobjekt diente. So halfen Auszubildende des Oberstufenzentrums für Bautechnik in Spandau bei den Bauarbeiten mit, was erwartungsgemäß nicht immer ganz so professionell klappte. Nachbesserungen waren nötig. Auch die hohe Auslastung von Baufirmen kostete Zeit. Am Ende verschärfte noch die Corona-Pandemie die Situation. Das sorgte mit dafür, dass die Baukosten von ursprünglich zwei Millionen auf letztendlich 3,2 Millionen Euro stiegen.
Blick in den großen Garten
Am früheren Standort in der Clay-Oberschule am Bildhauerweg 9 war die Bibliothek noch etwas versteckt gewesen. Jetzt kann man sie in ihrem roten Klinkerbau, der an die Alte Rudower Dorfschule erinnern soll, kaum noch übersehen. Auch der Eingangsbereich sieht einladend aus. Wer eintritt, kann sofort durch das ganze Gebäude hindurch bis in den großen Garten blicken.
Und dieser freie Blick ist Teil des Konzepts. Denn die Architektur soll Besucher zum Verweilen animieren. Im Erdgeschoss schließt sich das „Lese-Wohnzimmer“ direkt an den Eingangsbereich an, das wiederum direkt an den Garten grenzt. Dieser bestand zur Eröffnungsfeier am 17. September vorwiegend noch aus losem Mutterboden. Bis 2022 soll er schön gestaltet sein und für die Bibliotheksbesucher offenstehen. Man möchte die „grüne Bibliothek" dann auch für Open-Air-Lesungen nutzen.
Mit dem Umzug änderte sich auch der Bibliotheksname. Auf Initiative der Publizistin und Politikwissenschaftlerin Claudia von Gélieu fiel die Wahl auf die Namensgeberin Gudrun Haß, eine Neuköllner Demokratin und Frauenrechtlerin, die von 1881 bis 1950 lebte. Haß hatte als Stadtverordnete für die SPD über Jahre hinweg die Politik in Neukölln mit geprägt und sich dabei besonders für bessere Bildungschancen für Arbeiter und Kinder eingesetzt. Claudia von Gélieu verwies am 17. September auf Gudrun Haßes Vorliebe für Bibliotheken: Als einfache Wäscheschneiderin habe sie sich autodidaktisch mit Büchern weiterbilden müssen, um Wissenslücken zu füllen. Die Demokratin war damals, als Frauen noch nicht einmal wählen durften, sozusagen Dauergast in öffentlichen Bibliotheken.
Was entstanden ist, wird die schnelllebige Zeit überdauern. Die lichtdurchflutete Gudrun-Haß-Bibliothek strahlt im Inneren viel Ruhe aus. Es ist ein perfekter Ort zum Entspannen, Lesen und Lernen. Und dieser ästhetische Ort ist für alle da, so wie es sich Gudrun Haß gewiss gewünscht hätte.
Geöffnet ist montags, dienstags, donnerstags von 13 bis 19 Uhr, mittwochs und freitags von 10 bis 15 Uhr. Informationen zu den aktuellen Hygienemaßnahmen gibt es unter Tel. 902 39 19 40 oder auf berlin.de/stadtbibliothek-neukoelln.
Autor:Corina Niebuhr aus Kreuzberg |
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