Die erste First Lady der Republik
Elly Heuss-Knapp war nicht nur Polikergattin

Elly Heuss-Knapp (2.v.l.) an der Seite ihres Mannes Theodor Heuss. | Foto: Archiv des Liberalismus/wiki
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Im Rudower Frauenviertel ist eine Straße nach Elly Heuss-Knapp benannt, der Frau des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Sie war jedoch weitaus mehr als treusorgende Gattin: So hat sie nicht nur das Muttergenesungswerk gegründet, sondern auch den ersten Radio-Jingle erfunden.

Elisabeth Eleonore Anna Justine Knapp kam am 25. Januar 1881 in Straßburg zur Welt. Ihre aus Georgien stammende Mutter erkrankte kurz nach der Entbindung an einem seelischen Leiden und lebte danach in Sanatorien. So wuchs Elly mit ihrer älteren Schwester beim Vater auf, der Ökonomie an der Universität lehrte.

Mit 18 Jahren bestand sie ihr Lehrerinnenexamen und gründete mit Mitstreitern eine „Fortschrittsschule“ für Mädchen, die zuvor nur sieben Jahre lang die Volksschule besucht hatten. Wenig später zog es sie nach Freiburg und Berlin, wo sie Volkswirtschaftslehre studierte und auch erste politische Vorträge hielt, beispielsweise über Tarifverträge und Mindestlöhne.

1908 heiratete Elly Knapp den Journalisten Theodor Heuss. Kein Geringer als Albert Schweitzer traute sie. Bei der Geburt ihres Sohnes zwei Jahre später starb die junge Frau fast; sie konnte fortan keine Kinder mehr bekommen.

Sozial engagiert, politisch aktiv

Ihrem sozialen Engagement blieb sie treu. Während des ersten Weltkriegs gründete sie eine Arbeitsbeschaffungsstelle für Frauen, deren Männer im Krieg waren. Bei der ersten gesamtdeutschen Wahl 1919, bei der auch Frauen abstimmen und kandidieren durften, ließ sich Elly Heuss-Knapp – ebenso wie Theodor – für die linksliberale Deutsche Demokratische Partei aufstellen.

Während ihr Mann Stadtverordneter in Schöneberg wurde, ging sie leer aus. Sie war jedoch weiter politisch tätig und hielt Vorträge. Damit war es nach der Machtergreifung der Nazis allerdings vorbei. Ihr wurde Auftrittsverbot erteilt und ihrem Mann, inzwischen Dozent, Berufsverbot.

Erfinderin des ersten Werbejingles

Jemand musste Geld verdienen und Elly fand dank der Hilfe eines Cousins einen Job in der der Werbung. Dabei erfand sie Bahnbrechendes: Hatte die Radioreklame bisher nur aus dem öden Vorlesen von Text bestanden, setzte sie akustische Tonfolgen als Markenzeichen für Unternehmen ein – der Jingle war geboren. Sie ließ sich die Idee patentieren und lieferte unter anderem für Nivea, Erdal, Kaffee Hag, Blaupunkt und Persil.

Am Ende des Krieges zog das Ehepaar nach Heidelberg. Als endlich wieder demokratische Zeiten anbrachen, gingen beide zurück in die Politik. Theodor Heuss wurde 1948 Vorsitzender der neugegründeten FDP. Elly Knapp-Heuss saß für dieselbe Partei im Landtag von Baden-Württemberg. Sie kämpfte unter anderem dafür, dass schulpflichtige Kinder wenigstens eine Mahlzeit pro Tag bekamen und die Klassen weniger als 50 Schüler hatten. 

Erbe an die Präsidentenfrauen

Im Jahr 1949 wurde sie die erste First Lady der Bundesrepublik. Schon zu dieser Zeit beeinträchtigte ein Herzleiden ihren Aktionsradius. Sie starb im Juli 1952. Ihr bekanntestes Vermächtnis ist das Müttergenesungswerk, das sie 1950 gründete und das bis heute unter der Schirmherrschaft der Frau des Bundespräsidenten steht.

Elly Heuss-Knapp (2.v.l.) an der Seite ihres Mannes Theodor Heuss. | Foto: Archiv des Liberalismus/wiki
In Rudow erinnert eine Straße an die Lehrerin, Volkswirtschaftlerin und Sozialreformerin. | Foto: Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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