"Eine gute Show abliefern"
Profiboxer Mike Jäde ist Deutscher Meister im Superweltergewicht – und er will noch mehr
Zwölf Kämpfe hat er bisher als Profi bestritten, alle hat er gewonnen, neun davon durch Knockout: Seit wenigen Wochen ist der Rudower Mike Jäde Internationaler Deutscher Meister des Boxverbandes German Boxing Association (GBA) im Superweltergewicht.
Superweltergewicht, auch Halbmittelgewicht genannt, bedeutet: Mike Jäde darf nicht mehr als 69 Kilo und 853 Gramm wiegen, bevor er in den Ring steigt. Das bei einer Größe von 1,74 Metern. Auf seinem Ernährungsplan findet sich deshalb vor allem eiweißreiche Kost – Fisch, Rind, Hähnchen.
Alle drei bis vier Monate steht ein Kampf auf dem Programm, die Vorbereitungsphase dauert rund zwei bis drei Monate. In dieser Zeit verbietet sich der 26-Jährige jeden Alkohol, trainiert mindestens fünfmal pro Woche, wenn es möglich ist, sogar zweimal am Tag. „Profiboxen ist eine Lebenshaltung“, sagt er.
Das Gefühl vor dem Kampf
Was ihn am meisten motiviert, ist gar nicht der Kampf selbst. „Es ist das Gefühl davor und danach.“ Da ist der Kick: Jetzt geht’s los, du wirst dich gleich mit jemandem schlagen. Dann: Du hast gewonnen, du bist ein Sieger. Während des Wettkampfes herrscht Konzentration pur: „Das Publikum ausblenden, eine gute Show abliefern, zeigen, was du draufhast.“
Leben kann er von seinem Sport noch nicht, die Preisgelder seines Verbandes sind nicht hoch, Sponsoren schwer zu finden. Darum arbeitet er in Teilzeit als Ultraschallprüfer bei der S-Bahn im Betriebswerk Schöneweide. Und ohne sein „Team Jäde“ wäre er völlig aufgeschmissen, sagt er. Neben ihm selbst sind das Vater und Manager Ingo, Ehefrau Isabel, seine rechte Hand, und Trainer Dejan Vracaric. „Nach ihm habe ich lange gesucht, es ist sehr wichtig, dass es auch menschlich stimmt.“
Ebenfalls wichtig sei die richtige Übungsstätte. Jäde hat sie in einem Wilmersdorfer Gym gefunden. „Hier habe ich feste und gute Sparringpartner, die meisten hauen ja sonst lieber gegen den Sandsack. Andere wollen sich das Sparring teuer bezahlen lassen.“
Vater Ingo war es, der ihn zu dem Sport brachte. Selbst Boxer, nahm er den Sohn oft mit zum Training. Irgendwann fragte er, ob Mike mitmachen wolle. „Ich war damals zehn Jahre alt und sehr dick, ich habe fast so viel gewogen wie heute“, grinst er. Das änderte sich bald. Rund 100 Kämpfe bestritt er als Amateur, war in der 2. Bundesliga von Boxring Hertha BSC, reiste ins Ausland, nach Österreich, nach Israel, lernte neue Menschen kennen. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele unterschiedliche und völlig verrückte Leute man durch das Boxen trifft“, so Jäde.
In Berlin kannst du alles sein
Hertha ist er bis heute treu geblieben, allerdings vor allem den Fußballern. Seine Frau und er sind glühende Fans. Etliche werden Mike Jäde in diesem Zusammenhang auch schon gesehen haben: Er war eines der Gesichter, die vergangenes Jahr auf Plakaten und Litfaßsäulen kostenlos für den Verein Werbung machten. Der Slogan: „In Berlin kannst du alles sein. Sogar Herthaner.“ Diese leichte Selbstironie gefällt dem Boxer.
Weniger begeistert war er anfangs von der Eigenwerbung, die notwendig ist, vom Präsentsein in den sozialen Medien. Jäde ist einer, der eher zum Telefon greift, wenn er etwas zu sagen hat. Aber ohne Internet geht es nicht mehr, auch im Sport spielt die Anzahl der Follower eine immer größere Rolle, sagt er. Gut dass es Isabel gibt: Sie half ihm über die Hemmungen hinweg.
Der nächsten großen Herausforderung stellt sich der Rudower, der übrigens auch zweifacher Vater ist, am 31. September in der Müggelspreehalle in Hangelsberg bei Fürstenwalde: Dann kämpft er um den Titel des GBC Intercontinental Superweltergewichts.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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