„Caro, mach doch mal die Fahne!“
In Ferienkursen lernen Kinder nicht nur reiten – es geht auch um Verantwortung und Selbstvertrauen
Es sieht nicht ganz ungefährlich aus: Caro, zwölf Jahre alt, die schwarze Reiterkappe auf den langen blonden Haaren, kniet auf Pferd Nina, streckt einen Arm nach vorne, ein Bein nach hinten, hält konzentriert die Balance. Sie ist der Aufforderung von Trainerin Stephanie Miethke gefolgt – sie macht die „Fahne“, eine Figur, die beim Voltigieren, dem Turnen auf dem Pferd, vorkommt.
Caro absolviert bereits zum achten Mal einen Ferienkurs beim Reiterverein Rudow am Ostburger Weg 1. „Mit sieben Jahren war ich mit meinem Bruder auf einem Bauernhof und saß das erste Mal auf einem Pferd, das hat mir sehr gefallen.“ Inzwischen ist sie bereits Vereinsmitglied und hat eine Reitbeteiligung an einem Pony. Vielleicht will sie sich auch als Springreiterin versuchen. „Auf jeden Fall ist mein Ziel, später nebenberuflich als Reitlehrerin zu arbeiten.“ Der Anfang dazu ist gemacht, denn seit einem Jahr ist Caro als Helferin bei den Kursen im Einsatz.
Jetzt in den Sommerferien sind neun Mädchen und immerhin ein Junge zwischen sieben und zwölf Jahren dabei, erste Erfahrungen mit den beiden Ponys Favorit und Faola sowie dem Pferd Nina zu machen. Sie lernen zuerst, die Tiere zu führen und mit ihnen einen Parcours zu gehen, später dann wird Trab, Galopp und Voltigieren geübt, auch freihändiges Reiten. Sie achten auf die richtige Haltung, reiten mit und ohne Sättel. „Sie sollen Spaß haben, dürfen aber die Sicherheit nicht vergessen, das ist sehr wichtig“, erklärt Stephanie Miethke, „die Kinder müssen die entsprechenden Regeln im Kopf haben.“ Zum Beispiel müssen sie immer links von den Pferden gehen, die sie führen, weil die es so gewohnt sind.
Nach zwei Tagen wie die Profis
Für die Kurse ausgesucht werden Reittiere, die gelassen und nervenstark sind, nicht ängstlich und nicht zu wild. „Sie sind lieb und süß, bleiben aber doch Lebewesen mit einem eigenen Willen“, sagt Miethke. Größere Verletzungen gab es bisher nicht, höchstens mal ein paar blaue Flecke. „Abstürze kamen nicht vor, es war dann eher ein Abrutschen vom Pferderücken.“
Die Trainerin, die vor 15 Jahren die Idee der Ferienkurse hatte und sie seit fünf Jahren betreut, erlebt es selten, dass ein Kind und ein Pferd gar nicht miteinander können. Im Gegenteil. „Nach zwei Tagen sitzen die meisten auf den Pferden als hätten sie nie was anderes gemacht“, erzählt Miethke. Die Begeisterung sei groß, die Kinder würden zu Hause ständig über ihre Fortschritte berichten.
Und wie sieht es mit der Angst vor den im Verhältnis zu den Kindern doch großen Tieren aus? Ängstlichkeit ist, wenn überhaupt, nur am Anfang vorhanden. So war es bei Sophia (11), die inzwischen gerne einen zweiten Ferienkurs machen möchte. „Ich mag es, Ausritte zu machen, habe Pferde sehr gern und hätte am liebsten ein eigenes“, erzählt die Elfjährige. Auch Nathalie (10) erweist sich als Pferdefreundin, die auch die Pflege der Tiere liebt. „Ein bisschen Angst habe ich noch beim Galopp, aber nur manchmal.“
Pferdepflege gehört dazu
Wer den jungen Nachwuchsreitern zuschaut, kann sich davon überzeugen, dass sie schon nach wenigen Tagen keine Scheu mehr haben. Sie gehen ganz selbstverständlich mit den Tieren um. Und sie trauen sich auch schwierigere Sachen zu, sitzen zu dritt oder viert auf dem Pferd, stellen sich auf. Für Stephanie Miethke ist klar: „Was die Kinder hier lernen, gibt ihnen Selbstvertrauen und wird sich auch in anderen Bereichen positiv niederschlagen.“ Zudem werde das Verantwortungsgefühl entwickelt und der Teamgeist geweckt. Zum Programm gehören auch die Stallluft – schließlich müssen die Pferde geputzt werden – und das Wissen über artgerechte Haltung und Tierschutz.
Die Sommerferienkurse sind vorbei, zwei neue sind in den Herbstferien im Oktober im Angebot. Mehr Informationen dazu, auch zu den geltenden Corona-Regeln, finden Interessierte unter https://www.reiterverein-rudow.de/.
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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