Risiko für Überschwemmungen bleibt
Was sind die Lehren der Starkregenfolgen im Kaskelkiez?

Die Berliner Stadtreinigung musste im Kaskelkiez Sondertransporte für den Sperrmüll anberaumen, der durch das Hochwasser entstanden war. | Foto: Berit Müller
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  • Die Berliner Stadtreinigung musste im Kaskelkiez Sondertransporte für den Sperrmüll anberaumen, der durch das Hochwasser entstanden war.
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Was in diesem Frühjahr fast völlig fehlt, kam im vergangenen Juni in nur einer Nacht im Überfluss vom Himmel. Unwetterartige Regenmassen setzten damals ganze Teile des Kaskelkiezes unter Wasser. Die Abgeordnete Hendrikje Klein (Die Linke) hat sich nun beim Senat erkundigt, welche Lehren aus den Ereignissen gezogen wurden.

Überflutete Keller und Büros, unbrauchbar gewordenes Inventar, fortgeschwemmte oder vollgelaufene Autos: In der Nacht vom 11. zum 12. Juni 2019 entluden sich gleich mehrere Gewitter über Berlin, besonders schwer traf das Sturmtief die Victoriastadt. Dort standen Pfarr- und Kaskelstraße vorübergehend unter Wasser – und mit ihnen die Räume in Erdgeschossen und Souterrains. Die Folgen beschäftigen einige Anwohner noch immer, nicht zuletzt, weil es um Schadensersatzansprüche geht. Denn Ursache der Überflutungen war offenbar nicht nur der im Kaskelkiez besonders intensive Starkregen. Auch eine „hydraulische Einschränkung“ durch Bauarbeiten am Ruschegraben trug dazu bei, weshalb 49 Betroffene einen Anspruch bei der Versicherung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) geltend machen konnten. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz auf die schriftliche Anfrage von Hendrikje Klein hervor.

Das Schreiben verdeutlicht aber auch, dass es ohne diese Bauarbeiten um die Chancen eines finanziellen Ausgleichs für die Schäden schlecht stünde. Nach Paragraph 5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) ist „jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen“. Heißt für die Anwohner: Im Fall einer erneuten Überflutung hätten sie keinen Anspruch auf eine Zahlung, denn 2020 ist keine Baumaßnahme mehr geplant.

Gebiete unterschiedlich stark gefährdet

Die Gefahr für Hochwasser nimmt indes auch ohne einschränkende Arbeiten zu, in der Victoriastadt wie andernorts. Experten führen das sowohl auf den Klimawandel und die damit einhergehenden Wetterextreme, als auch auf die starke Versiegelung des Bodens zurück. Das gilt besonders in Großstädten und dicht besiedelten Quartieren, wie dem Kaskelkiez. Selbst, wenn die Regenkanalisation den gesetzlichen Vorgaben entspricht, wie es dort der Fall ist. Laut BWB bleiben die Bereiche Pfarrstraße, Kaskelstraße, Spittastraße und die Kleingartenanlage Kynast besonders überflutungsgefährdet, weil sie auch noch in einer Senke liegen.

Häufig entstünden dann Schäden durch eine fehlende oder nicht funktionierende Rückstausicherung, führt die Senatsverwaltung in ihrer Antwort aus. Sie verweist auf das Angebot der Berliner Wasserbetriebe, über geeignete bauliche Maßnahmen zu beraten. Im Rahmen des Berliner Programms für Nachhaltige Entwicklung (BENE) und des neuen Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) seien Förderungen für eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung möglich. Auch die Berliner Regenwasseragentur biete Informationen zum Umgang damit an. Hendrikje Klein will sich mit den Kaskelkiez-Bewohnern austauschen und die Beratungsangebote nutzen.

Maßnahmen noch „in den Kinderschuhen“

Die Abgeordnete liest aus den Antworten der Senatsverwaltung aber auch heraus, dass das Starkregenrisikomanagement in Berlin „noch in den Kinderschuhen steckt“. Es werde noch einige Jahre dauern, bis Karten vorliegen, die zeigen, wo die Gefahr solch extremer Wettererscheinungen besonders groß ist. Risikoanalysen und Handlungskonzepte könnten erst danach entwickelt werden. „Für die Betroffenen im Risikogebiet Kaskelkiez ist das erst mal keine beruhigende Situation", sagt Hendrikje Klein. "Wir können davon ausgehen, dass künftig öfter solche Ereignisse auftreten.“

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

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