Nutzung untersagt
Düstere Aussichten für die B.L.O.-Ateliers

Dieses Gebäude steht im Eingangsbereich der B.L.O.-Ateliers. Auf dem Gelände arbeiten knapp 100 Künstler und Handwerker. Hier proben außerdem Musiker, Designer gestalten Webseiten. Damit könnte bald Schluss sein. | Foto: Bernd Wähner
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  • Dieses Gebäude steht im Eingangsbereich der B.L.O.-Ateliers. Auf dem Gelände arbeiten knapp 100 Künstler und Handwerker. Hier proben außerdem Musiker, Designer gestalten Webseiten. Damit könnte bald Schluss sein.
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Die B.L.O.-Ateliers an der Kaskelstraße 55 bangen um ihren Fortbestand. Zunächst untersagte die Grundstückseigentümerin ihnen die Nutzung zahlreicher Gebäude, und nun soll auch der bis zum 31. Juli 2024 laufende Nutzungsvertrag mit dem Trägerverein Lockkunst e.V. nicht verlängert werden.

Die Abkürzung B.L.O. steht für das Bahnbetriebswerk Berlin-Lichtenberg Ost. Denn das befand sich seit 1894 auf dieser Fläche unweit des S-Bahnhofs Nöldnerplatz. Mehrere tausend Leute arbeiteten in Spitzenzeiten auf dem Gelände. Als es irgendwann nach 1990 stillgelegt wurde, siedelten sich nach und nach Künstler und Handwerker mit Ateliers, Werkstätten, Manufakturen sowie anderen Projekte auf dem Gelände an. Diese gründeten den Verein Lockkunst, der heute um die 100 aktive Mitglieder hat.

Mit der Grundstückseigentümerin, der DB InfraGO, konnte dieser Verein 2004 als Hauptmieter einen Zwischennutzungsvertrag für eine 12 000 Quadratmeter große Fläche des Bahnbetriebswerks inklusive der darauf stehenden Gebäude abschließen. Das Gelände zäunten die Vereinsmitglieder auf eigene Kosten ein. Und für die Atelier- und Werkstatträume wurden mit den Nutzern Untermietverträge abgeschlossen. Die Freiflächen werden gemeinschaftlich genutzt. Etwa 7000 Quadratmeter davon werden naturnah erhalten. Auf die dort vorkommenden Eidechsen und Fledermäuse werde besondere Rücksicht genommen.

Genutzt werden die Räume der B.L.O.-Ateliers aber nicht nur von Künstlern, sondern auch von Bands als Probenräume, von Webdesignern, einem Kunstschmied, als Tonstudio und auch von einem Bogenbauer. Die frühere Kantine wird immer wieder für Versammlungen oder für Theatervorstellungen genutzt.

Brandschutzgutachten belege
"Gefahrenpotenzial für Leib und Leben"

Doch nun erreichte den Vorstand des Vereins Lockkunst ein Schreiben. Darin untersagt die Deutsche Bahn AG nach Prüfung aller Gebäude durch einen Sachverständigen die Nutzung von fünf wichtigen Gebäuden „aufgrund des aktuellen Zustands“. Das betrifft die B.L.O.-Kantine, das Gebäude der früheren Starkstrommeisterei, das Übernachtungsgebäude, das Verwaltungsgebäude „Hexenhaus“ sowie das Gebäude der Schweißerei. „Die Sachverständigenberichte zeigen große Abweichungen zu sicherheitsrelevanten Bestimmungen im Bereich der Elektroinstallation und des Brandschutzes auf. Es besteht ein Gefahrenpotenzial für Leib und Leben der Nutzer und Besucher“, heißt es im Schreiben der DB InfraGO an den Vereinsvorstand.

Die Vereinsmitglieder waren überrascht von der Nutzungsuntersagung. Die Elektrik funktionierte aus ihrer Sicht bisher problemlos, und Reparaturen an Gebäuden wurden stets in Eigenleistung vorgenommen. Vorstandssprecher Peter Tietz sagt: „Wir empfinden das Vorgehen der Deutschen Bahn vor dem Hintergrund der bislang kooperativ verlaufenden Verhandlungen als absolut respektlos. Das damit verbundene Aus für alle künstlerischen Projekte und die Bedrohung aller ortsansässigen Arbeitsplätze wird hiermit von der DB billigend in Kauf genommen.“

Allerdings erfuhren die B.L.O.-Atelier-Nutzer inzwischen auch, dass ihr Nutzungsvertrag zum 31. Juli 2024 auslaufen und ihn die Deutsche Bahn wohl nicht verlängern wird. „Um den zukünftigen Anforderungen der wachsenden Stadt Berlin an uns als Mobilitätsdienstleister gerecht zu werden, werden aktuell die DB-seitigen Infrastrukturbedarfe überprüft“, heißt es von der DB. Diese beziehe auch alle Flächen im Bereich des Bahnhofs Lichtenberg mit ein, insbesondere sofern eine eisenbahnrechtliche Widmung bestehe. Man sei aber an einem "lösungsorientierten gemeinschaftlichen Vorgehen" mit der Künstlergemeinschaft interessiert, erklärt man seitens der DB.

Politik fordert einvernehmliche Lösung

Viele Politiker auf Bundes-, Landes-, und Bezirksebene haben sich mittlerweile für den Erhalt ausgesprochen, unter ihnen auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Doch nach den jüngsten Entwicklungen sieht es für die B.L.O.-Ateliers nicht gut aus. Die gesamte Ateliergemeinschaft sei akut existenziell bedroht, teilt der Vereinsvorstand mit. Und mit Blick auf die Gebäudesperrung: „Die bis Ende des Jahres geplanten Kulturveranstaltungen und die vom Bezirk und mit Bundesmitteln geförderten Projekte wären damit nicht mehr durchführbar. Diese Vorgehensweise der DB Immobilien ist für den Vereinsvorstand nicht nachvollziehbar.“ Der Verein Lockkunst benötige dringend einen konstruktiven und lösungsorientierten Dialog, um den Atelier- und Kulturbetrieb jetzt und über Juli 2024 hinaus fortsetzen zu können, so der Vereinsvorstand.

„Wenn die B.L.O.-Ateliers weichen müssen, verschwindet ein zentrales Stück kultureller Identität aus Lichtenbergs Kreativszene“, sagt Bürgermeister Martin Schaefer (CDU). „Ich erwarte, dass hier eine Lösung gefunden wird, wie wir die erst kürzlich stattgefundenen, erfolgversprechenden Verhandlungen zwischen Bezirk, dem Senat und der Deutschen Bahn zum Erhalt der B.L.O.-Ateliers wieder aufnehmen und zu einem für alle Seiten zufriedenstellenden Ergebnis bringen können. Vor wenigen Tagen zeichnete sich noch eine Lösung für die nächsten Jahre ab. Dies soll nun nicht mehr gelten. Dies werden wir als Bezirk so nicht hinnehmen.“

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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