Am südlichsten Zipfel
Am 22. August führt der Mann mit der Leiter nach Rauchfangswerder

Badespaß ist am südlichsten Zipfel Berlins gewiss. | Foto: Bernd S. Meyer
  • Badespaß ist am südlichsten Zipfel Berlins gewiss.
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Bei meinem 186. monatlichen Stadtspaziergang lade ich Sie zum Moßkopfring, Rauchfangswerder Süd ein. Auf guten Berliner Stadtplänen lässt sich entdecken, dass am Schmöckwitzer Werder – dort, wo der Große Zug und der Zeuthener See aufeinandertreffen – der südlichste Punkt Berlins ist.

Ein erstaunlicher und zugegebenermaßen etwas abgelegener Ort. Die Stadtgrenze zu Brandenburg liegt in der Seemitte. So ist der U-förmige Moßkopfring auch die südlichste Straße der Hauptstadt. Von Kreuzbergs Freiarchenbrücke sind es über Treptow-Köpenick und Eichwalde (Brandenburg) rund 20 Kilometer Luftlinie. Das Adlergestell, mit elf Kilometern Berlins längste Straße, endet in Alt-Schmöckwitz. Der südwestlich von der Wernsdorfer Straße abgehende, ebenso schnurgerade Schmöckwitzer Damm führt dreieinhalb Kilometer über den Werder und den Wohnplatz Rauchfangswerder Nord bis zum Moßkopfring.

Vor gerade einmal zwei Jahren, am 17. August 2018, ist der prächtige, aus Holzelementen montierte Neubau der Freiwilligen Feuerwehr Rauchfangswerder eingeweiht worden. Ebenso neu ist die Figur des heiligen Florian, des Schutzpatrons der Feuerwehrleute, geschaffen von polnischen Holzschnitzern. Gegenüber findet sich ein sehr unauffälliger Bau: der Eiskeller des berühmten Etablissements „Waldhaus“. Wussten Sie, dass früher regelmäßig Ausflugsdampfer aus Köpenick und Berlin die schiffbare Dahme-Wasserstraße befuhren, dabei auch hier am Zeuthener See anlegten? Der beliebte Gasthof war ein Jahrhundert im Familienbesitz, verfiel seit den 90er-Jahren, wurde abgerissen, das Grundstück geteilt, mit über einem Dutzend Eigenheimen bebaut. Als Rauchfangswerders einziger Bau unter Denkmalschutz blieb der alte Eiskeller erhalten. Zwar lagert unter der verborgenen Kuppel schon lange kein eisgekühltes Bier mehr, doch als „Fledermausbunker“ bietet der historische Bau den Flattertieren eine Heimat.

Einsames Fischerdorf

In Berlins Gründerzeit wuchs Rauchfangswerder mit Wohnplatz Nord und Süd zum Sommerhaus- und Villenort mit wenigen hundert Einwohnern. Zuletzt Ortsteil des „fährnahen“ Zeuthen kam er 1920 mit seiner alten Muttergemeinde Schmöckwitz zum neuen Stadtbezirk Köpenick und somit zu Groß-Berlin. Schmöckwitz ist in früher Slawenzeit als einsames Fischerdorf auf der Dahme-Insel zwischen drei Seen entstanden und hatte bald mehrere kleine Außen-Wohnplätze. So gab es an den Werderufern auch in späteren deutschen Zeiten Fischerhäuser samt ihrer namensgebenden Räucherschornsteine.

1871 gründeten sechs Rauchfangswerder Fischer den bis heute privaten Friedhof. Dort sind auch berühmte Anwohner bestattet wie die Sängerin der Komischen Oper, Irmgard Arnold (1919-2014), der Schauspieler und Opernsänger Horst Schulze (1921-2018), zeitweise auch der in der DDR lebende US-amerikanische Sänger, Schauspieler und Regisseur, Dean Reed (1938-1986), der am Zeuthener See in den Freitod ging.

Archäologische Ausgrabungen

Wo der Tod ist, war auch immer das Leben. Seitdem man in Rauchfangswerder zwei reichverzierte Bronzeäxte oder -dolche im Boden fand, mindestens 3500 Jahre alt, vermutet man, dass in dieser verwunschenen Wald-und-Wasser-Landschaft dauerhaft Menschen lebten. Ausgrabungen fanden alte Siedlungsspuren der jüngeren Bronzezeit am Dahme-Westufer um Miersdorf (Zeuthen).

Heutzutage ist Rauchfangswerder immer noch ein Wohnplatz jwd, aber längst modernisiert. So hatte schon 1921 der Vorsitzende des lokalen Grundbesitzervereins, Glasermeister Georg Moßkopf, für den schnellen Anschluss an Berlins Elektrizitätsnetz gesorgt. Wer am nahen Waldspielplatz vom wunderbaren Sandstrand ins Wasser steigen möchte, sollte mindestens Badesachen dabei haben. Denn auf dem Trockenen ist man noch in Berlin, im Nassen schon in Brandenburg: Die Landesgrenze verläuft dort seit 100 Jahren direkt am Ufer entlang. Und jenseits des Stadtrand-Idylls beginnt das, was man so gerne Berlins Speckgürtel nennt. Auf der nahen Zeuthen-Miersdorfer Seite ist es vor allem das DESY, seit der Gründung vor 70 Jahren ein weltweit sichtbares Zentrum der Elementarteilchenphysik. Ein bisschen weiter weg sind zwei große Brandenburgische Baustellen: Acht Kilometer westlich – gleich hinter dem Schönefelder Autobahnkreuz – der schon fast fertige Flughafen BER und doppelt so weit entfernt im Nordosten bei Grünheide die künftige Tesla-E-Auto-Fabrik.

Der Spaziergang beginnt am 22. August um 11 Uhr. Treffpunkt ist am Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr, Rauchfangswerder Nord, Schmöckwitzer Damm 60. Verkehrsverbindung: Am S-Bahnhof Grünau umsteigen in die Straßenbahn 68, damit bis Alt-Schmöckwitz (Endhaltestelle). Ab dort mit dem kleinen Bus 168 bis Haltestelle Fährallee. Rechtzeitiges Erscheinen oder eine Mitfahrgelegenheit ist angebracht.

Die Führung ist für Leser der Berliner Woche kostenlos. Allerdings ist eine Anmeldung erforderlich: am Freitag, 21. August 2020, von 10 bis 12 Uhr anrufen unter der Rufnummer 88 72 77 100.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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